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Berlin: Gesucht: der Deckel zum Fass ohne Boden

Soll das von Insolvenz bedrohte Tempodrom eine allerletzte neue Finanzspritze des Senats erhalten? Pro & Contra

Am Dienstag wird es spannend für das Tempodrom: Dann will der Senat über einen neuen Zuschuss für die Veranstaltungsarena entscheiden. Ohne die Finanzspritze in annähernder Millionenhöhe müsste die Trägerstiftung Insolvenz anmelden – wie es der Rechnungshof bereits empfohlen hat. Immerhin könnte der Spielbetrieb bei einer Pleite weitergehen, sofern der Insolvenzverwalter den Spielbetrieb als zukunftsfähig einstuft und sich ein Käufer für den zeltartigen Betonbau am Anhalter Bahnhof in Kreuzberg findet. Das Neue Tempodrom war Ende 2001 eröffnet worden. Den alten Standort in Tiergarten hatte Gründerin Irene Moessinger wegen der Bauarbeiten für das Kanzleramt räumen müssen.

Als Retter in der Finanznot bot sich zuletzt der Pächter des Liquidrom-Bades im Hause an. Der Unternehmer Klaus Dieter Böhm will 2,5 Millionen Euro für das ganze Gebäude zahlen, das mit 30 Millionen Euro doppelt so viel gekostet hatte wie ursprünglich geplant. Ein höherer Preis sei wegen geringer Renditeaussichten unrealistisch, meint Böhm. Um ein Missverständnis scheint es sich allerdings bei seiner Äußerung zu handeln, die 2,5 Millionen Euro entsprächen einem vom Rechnungshof ermittelten Verkehrswert. Die Sprecherin von Bausenator Peter Strieder (SPD), Petra Reetz, sagte am Sonnabend: „Für das Gebäude gibt es noch keine Berechnung des Verkehrswerts.“ Dieser müsse „um ein Vielfaches“ höher liegen.

Offenbar bezog sich Böhm auf den Verkehrswert des landeseigenen Grundstücks, den die Landes- und die Investitionsbank auf 2,6 Millionen Euro schätzen. Ein Verkauf des Tempodroms ist auch ohne Veräußerung des Geländes möglich. Für dieses gilt ein Erbbaurechtsvertrag zwischen dem Bezirk und der Tempodrom-Stiftung. Eine solche Vereinbarung käme auch mit einem neuen Investor infrage, bestätigte Petra Reetz.

Die Tempodrom-Betreiber um Irene Moessinger betonen, dass der Spielbetrieb nicht defizitär sei. In die zwei unterschiedlich großen Arenen seien im vorigen Jahr rund 364 000 Besucher zu 253 Veranstaltungen gekommen. Das Hauptproblem seien Kredite aus der Bauzeit und „unerwartete“ Rechnungen ausführender Firmen, die noch vor kurzem eingegangen seien. Außerdem brachte die Gastronomie weniger Einnahmen als erwartet. Der Senat hat dem Tempodrom in den letzten eineinhalb Jahren 4,8 Millionen Euro Zuschüsse gegeben. Zuletzt half man der Stiftung im Herbst mit 1,6 Millionen Euro aus der Klemme. Ein „Fass ohne Boden“ will auch Senator Strieder vermeiden. Er hatte den Standort am Anhalter Bahnhof Mitte der 90er Jahre als Kreuzberger Bezirksbürgermeister durchgesetzt.

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