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Dauerstreit um den berühmten Bettenturm in Mitte.

© Kai-Uwe Heinrich

Gesundheit: Neuer Streit um Charité-Bettenturm

Senator Czaja hält die lange geplante Sanierung bei laufendem Betrieb für problematisch – und stößt auf Unverständnis in der größten Universitätsklinik Europas.

Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) hat Irritationen an der Charité ausgelöst. Eine Sprecherin des Senators bestätigte, dass Czaja glaube, die größte Universitätsklinik Europas werde Schwierigkeiten haben, bei laufendem Betrieb saniert zu werden – auch wenn dies seit Jahren so geplant worden ist. Das Bettenhochhaus in Mitte muss dringend modernisiert werden, die Klinik will aber nicht auf Patienten am traditionsreichen Standort rund um die Luisenstraße verzichten. Außerdem, erklärte Czajas Sprecherin, dürften die Kosten der umfangreichen Sanierung der insgesamt drei Klinikstandorte kaum kalkulierbar sein. Der Senat hatte der landeseigenen Charité 2010 dafür aber nur 330 Millionen Euro zugesagt, und die Streichung von 500 der 3200 Krankenbetten verlangt. Rund 185 Millionen Euro wird allein die Sanierung des Campus in Mitte samt Bettenturm kosten. Aus Senatskreisen hieß es nun, die Debatte um die Charité sei wieder eröffnet – vor allem die CDU hatte sich lange für einen Abriss des Wahrzeichens der Klinik und einen Komplettneubau ausgesprochen.

An der Klinik reagierte man empört. Charité-Sprecherin Stefanie Winde sagte, die Planung stehe, der Prozess sei von allen zuständigen Gremien beschlossen worden; ihn kurz vor dem ersten Spatenstich zu ändern, sei wirtschaftlich unsinnig. „Außerdem ist mit 185 Millionen Euro kein vernünftiger Neubau bezahlbar“, sagte Winde. Im März will die Klinikleitung einen detaillierten Bauplan vorlegen, im Sommer soll es losgehen. Die Charité will während der Sanierung nur 20 Prozent der Patienten verlieren. Neben dem Bettenturm soll ein Interimsbau entstehen, der moderner sein dürfte, als das marode Hochhaus es heute ist. Die Hälfte der Krankenbetten soll aber aus Mitte auf die Standorte in Steglitz und in Wedding verteilt werden. Der Charité-Gesamtpersonalrat, Carsten Becker, sagte: Gute Versorgung brauche gute Ausrüstung, dass die Charité modernisiert werde müsse, stehe außerdem schon so lange fest: „Wir fordern seit 1996 eine Sanierung, hätte der damalige Senat seinerzeit zu seiner Klinik gestanden, wäre es bei Weitem nicht so teuer geworden.“ Auch Kilian Tegethoff, Chef der Ärztegewerkschaft Marburger Bund und Mediziner an der Charité, forderte Sicherheit hinsichtlich der geplanten Umbauvorhaben: „Sonst ist die Motivation der Beschäftigten im Keller.“

Rund 13 000 Berliner arbeiten in der Charité, aufgeteilt auf insgesamt fast 10 000 Vollzeitstellen. Die Klinik ist einer der größten Arbeitgeber der Stadt. Allein in den vergangenen zwei Jahren sind jedoch hunderte Stellen abgebaut worden. Die Einrichtung steht unter Spardruck. Charité-Aufsichtsratsmitglied und Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) hatte von der verschuldeten Klinik für 2011 einen ausgeglichenen Haushalt verlangt und den Charité-Vorstand um Klinikchef Karl Max Einhäupl kritisiert. Einhäupl erklärte, er werde die schwarze Null erreichen. Die Bilanz soll demnächst veröffentlicht werden. Zuletzt hatte auch Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz (parteilos, für CDU) für eine neue Finanzierung geworben. Dabei sollen Bundesmittel der Charité helfen. Dies ist gesetzlich zwar noch nicht möglich, wird aber innerhalb der Klinik als positiv begrüßt. Von Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD), die dem Aufsichtsrat der Charité vorsteht, war am Montag nur zu hören: Der Beschluss des alten Senats stünde, die Sanierung soll wie vorgesehen beginnen.

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