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Gethsemanekirche: Widerstand mit Gottes Segen

Die Gethsemanekirche war im Herbst 89 Zentrum des Protests – bis heute wahrt sie die Tradition.

Die Gethsemanekirche im Herzen von Prenzlauer Berg wird jeden Sonntag von rund 200 Gottesdienstbesuchern gefüllt. Das ist enorm viel im Berliner Maßstab. Vor allem junge Leute zwischen 20 und 35 Jahren kämen, sagt Pfarrer Christian Zeiske. Darunter viele Neuberliner aus Westdeutschland, die sich von der östlichen Art, Kirche aktiv zu leben, anstecken ließen.

Ein wenig scheint sie also fortzubestehen, die besondere Atmosphäre der Gethsemanekirche. Im Herbst 1989 wurde sie zum Symbol des Widerstandes in der DDR. Seit dem 2. Oktober 1989 stand sie Tag und Nacht offen. Mit einer Mahnwache protestierten Oppositionelle rund um die Uhr gegen die Inhaftierungen von Regimegegnern in Leipzig. Über ein „Kontakttelefon“ sammelten sie Infos über Verhaftungen im ganzen Land. In der Nacht vom 7. auf den 8. Oktober, dem 40. Geburtstag der DDR, kesselte die Polizei rund 3000 Besucher einer Andacht ein. Viele wurden festgenommen und geschlagen, am nächsten Tag wiederholte sich die gespenstische Polizeiaktion, die Menschen antworteten nicht mit Gegengewalt. Sie stellten hunderte Kerzen vor das Kirchenportal.

Mit allem hatten sie gerechnet, Polizei und Stasi-Offiziere, aber nicht mit diesem stillen friedlichen Protest. Zur Erinnerung daran sollen am heutigen Freitag wieder Kerzen vor der Kirche entzündet werden. Ein Transparent hängt vor dem Eingang: „Wachet und betet“, so heißt auch die Ausstellung in der Kirche zum Herbst 1989.

Die Organisatoren der Mahnwache hatten sich damals an mehrere Kirchengemeinden gewandt, erzählt Mitinitiator Tom Sello, nur die Gethsemanegemeinde reagierte positiv. Die Mitglieder hatten schon in den Jahren zuvor mit Diskussionen und Gebeten auf politische Ereignisse reagiert, etwa nach den Verhaftungen während der Rosa-Luxemburg-Demonstration 1988 in Leipzig. Nach der Wende wurde es stiller. Die Gemeinde musste sich eher dagegen wehren, vor den Karren zweifelhafter Lobbygruppen gespannt zu werden. So versuchten einmal Hundebesitzer, die mit der BVG im Clinch lagen, die Kirche zu besetzen, erzählt Pfarrer Zeiske. Die Aktion konnte verhindert werden.

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 oder der Flutkatastrophe in Sachsen reagierte die Gemeinde mit Gesprächsrunden und Spendensammlungen. „Das wird alles von der Basis getragen“, sagt Zeiske. Die Gemeinde sei auch heute noch sehr offen.

2001 wurde die Kirchengemeinde mit drei weiteren zur „Evangelischen Kirchengemeinde Prenzlauer Berg Nord“ fusioniert, die nun mit einer phänomenal hohen Zahl von Mitgliedern aufwarten kann: 12 000. Wegen der Zuzüge und einer steten Zahl von Taufkandidaten aus bislang kirchenfernen Familien wächst die Gemeinde weiter. Pfarrer Zeiske betont, dass er traditionelle Gottesdienste mit viel Gesang und einer „sehr sorgfältig geplanten Liturgie“ anbiete.

Zum Erfolg trage auch der Effekt „Masse zieht Masse“ an. Wenn 200 Leute vierstimmig einen Kanon singen, sei das eben bewegender als bei einer Kleingruppe von 20 Leuten. Damit ist die Kirche aber noch lange nicht voll. 1100 Sitzplätze gibt es. Baulich sei das Gotteshaus immer noch in einem guten Zustand, findet Zeiske, allerdings wurden vor kurzem Schäden entdeckt, die behoben werden müssen. Nun ist die Kirche also selbst auf Unterstützung angewiesen.

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