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Berlin: Golden Gate

Was früher der Papierflyer war, ist heute zunehmend die E-Mail. Von manchen Partys erfährt man quasi nur noch durch digitale Newsletter – also Infoschreiben, die man durch Hinterlassen seiner Mailadresse auf Internetseiten abonniert.

Was früher der Papierflyer war, ist heute zunehmend die E-Mail. Von manchen Partys erfährt man quasi nur noch durch digitale Newsletter – also Infoschreiben, die man durch Hinterlassen seiner Mailadresse auf Internetseiten abonniert. Meistens sind die Ankündigungen kurz und knapp, enthalten bloß Datum, Ort und Line-up.

Aber es gibt einen Newsletter, der ist völlig anders. Sein Verfasser hat literarische Ambitionen. Die Texte handeln von der Atmosphäre der Großstadt, der melancholischen Befindlichkeit des Autors und immer wieder von den Jahreszeiten: „Gestern, als ich heimkam, juckte mich was im Nacken und als ich es herauszog war es ein kleines gelbes Blatt, das mir von hinten in den Kragen gefallen sein musste.“ Erst am Ende geht es zur Sache: „Das Wochenende grinst dämonisch um die Ecke.“ Damit wird das Partywochenende im Golden Gate eingeläutet.

Der Club existiert schon recht lange, etwa seit Ende der 90er Jahre in einem versteckten Winkel unter der S-Bahn Jannowitzbrücke. In dieser Gegend ist nicht viel los, allerdings ist die Jannowitzbrücke Schnittstelle zwischen Mitte und Kreuzberg und oft kommt man hier auf dem Nachhauseweg von einer Party vorbei. So ist das Golden Gate der ideale Ort für ein letztes Bier, selbst in den Vormittagsstunden geht noch was und nicht umsonst heißt eine der Samstagafterhours „Hoch die Tassen“.

Im Golden Gate erlebt man echten Berliner Underground. Hinter einem dicken, kalte Luft abhaltenden Vorhang verbirgt sich der kleine Club auf zwei Etagen. Wenig Licht, kaum Dekoration, alte Sofas, irgendwie unordentlich, eine mittelmäßige Musikanlage, das Bier für 2,50 Euro. Der Charme des Golden Gate bezieht sich aus dem szenigen, aber unprätentiösen Publikum. Pro Abend legen nicht wenige DJs der Berliner Szene auf. Sie bekommen keine hohen Gagen, deswegen werden manche als bekannte DJs, die nicht namentlich genannt werden wollen, angekündigt. Man kann sich nur sicher sein, dass die Musik irgendwie elektronisch und nicht nur minimal ist.

Diesen Freitag hat sich Golden-Gate- Betreiber Reimund Spitzer übrigens selbst mit einer Lesung angekündigt. Er liest seinen Beitrag zu dem kürzlich bei Suhrkamp erschienenen Sammelband „Driving Home“, in dem es um das Nachhausefahren an Weihnachten geht.

Freitag 21 Uhr: „Driving Home Release Party“ mit den Autoren Linus Volkmann, Stefan Rehberger, Reimund Spitzer. Musik: Plemo live (HH), DJ Jake the Rapper, DJ Audiobeauté u. a. im Golden Gate, Dircksenstr. 77, Mehr Informationen gibt es unter www.goldengate-berlin.de oder www.drivinghome.de.

Christine Lang

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