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Berlin: Goya

Zunächst hat der drinking man gezögert. Die Bar am Lützowplatz ist ihm suspekt, da ein hochnäsiges Publikum kongenial durch das Personal ergänzt wird.

Von Frank Jansen

Zunächst hat der drinking man gezögert. Die Bar am Lützowplatz ist ihm suspekt, da ein hochnäsiges Publikum kongenial durch das Personal ergänzt wird. Ist es dann notwendig, das neue, kolossale Projekt des Bar-am-Lützowplatz-Maestros Peter Glückstein zu besichtigen? Aber Neugier siegt. Wenn es im Goya nicht gefällt, geht man eben. Und versenkt sich in die Erinnerungen an alte Metropol-Zeiten, als hier Nick Cave mit Blixa Bargeld auftrat und die Cramps ihre Rock-and-Peepshow abzogen und – lassen wir das. Das Goya drängelt mit dem Spruch „Berlin geht wieder aus“. Und was wird getrunken?

Es war ein Freitag, drinking man und compañera kamen gegen 21 Uhr. In dem großen Oval waren zwei Drittel der Tische besetzt, die Gäste genossen das baskische Menü. An der Bar im ersten Stock entsprach die Zahl der Keeper in den grauen Uniformen im Mao-Schnitt dem Aufkommen der Besucher. Von denen sich einige als Security-Menschen entpuppten, mit Knopf im Ohr. Der Tresen im ersten Stock ist lang und bananenartig geschwungen. Die weißgetünchten Wände am Treppenaufgang und die gleichfarbigen Säulen haben beim Ansturm der ersten Tage gelitten, auch der Holzboden sah abgetreten aus. Grandios ist der Blick von der Empore hinab, zu dem im Oval essenden Publikum, und hinauf: Da ist die nächste Empore, den Aktionären des Goya vorbehalten. Dort oben blickte Hans-Olaf Henkel, Ex-Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, mit einer Zigarre posierend auf das Treiben hinunter. Elitär trifft egalitär. Um 22 Uhr räumte eine Männercrew die Tische im Oval zur Seite – das eigentliche Nachtleben begann. Mit einem Tanzauftritt von Jungs und Mädels in den grauen Goya-Uniformen. Die 13 Kristallleuchter surrten zur Decke, Trockeneisnebel wolkte in den Saal. Dann öffnete sich die vom Oval sieben Stufen höher gelegene Bühne – der Vorhang gab die nächste Bar frei. Wieder ein halbrunder Tresen, mit tollem Blick auf die Tanzfläche. Der DJ ließ Latino- und Oriental-Pop erschallen. Leider tanzten nur wenige. Ach ja, die Drinks: Der Gin Tai war gut, wenn auch einen Tick zu sauer, der Raspolitan (Wodka Himbeer, Apricot Brandy, Lime Juice, Zitronensaft, Cranberry Juice, Cranberry Sirup) ging glatt durch. Beim Frozen Daiquiri überraschte das Whiskyglas, der Geschmack war passabel. Das galt auch für die nicht-alkoholischen Drinks Blue Cantor (alkoholfreier Sekt, Brombeersaft, Brombeersirup, Vanillesirup, Maracujanektar) und Fresh (Apfel-, Grapefruit-, Zitronensaft, Mandelsirup, Cranberrysirup). Die compañera urteilte lapidar, „der Vitaminschock ist perfekt“.

Auch um null Uhr war noch nicht absehbar, dass sich das Goya kräftig füllen könnte. Eigentlich schade. Ist Berlin nicht reif für einen Nachtclub, der den aufreizenden Widerspruch von elitär und egalitär präsentiert – statt eindimensionaler Langeweile?

Goya, Nollendorfplatz 5, Schöneberg,

Tel.: 25 75 99 74, Do–Sa von 18 bis 5 Uhr

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