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Berlin: Grammy-Verleihung: Ein elastisches Orchester spielt Mahler

Riesenfreude bei den Berliner Philharmonikern: Das Orchester und sein designierter Chefdirigent Sir Simon Rattle haben für ihre Schallplattenaufnahme von Gustav Mahlers 10. Sinfonie einen der begehrten Grammys bekommen.

Riesenfreude bei den Berliner Philharmonikern: Das Orchester und sein designierter Chefdirigent Sir Simon Rattle haben für ihre Schallplattenaufnahme von Gustav Mahlers 10. Sinfonie einen der begehrten Grammys bekommen. Es ist bereits der vierte in der langen Musikpreis-Galerie des Orchesters. Den ersten Grammy gab es 1992 für Mahlers Neunte unter Leonard Bernstein, 1997 war Hindemiths Kammermusik Nr. 1 unter dem Chefdirigenten Claudio Abbado preiswürdig und 1999 noch einmal Mahler.

Der diesjährige Preis der amerikanischen Recording Academy sei zugleich "eine Bestätigung dafür, dass unsere Entscheidung für Simon Rattle als Nachfolger von Claudio Abbado richtig war", sagte der Violinist und Geschäftsführer der Philharmoniker, Peter Brem, gestern in Berlin. "Das spornt an, legt aber auch die Messlatte für die künftige Zusammenarbeit sehr hoch." Rattle tritt sein Amt 2002 an.

Das Berliner Philharmonische Orchester ist seit 118 Jahren im Musikleben präsent. 1882 wurde es von etwa 50 Musikern gegründet, verpflichtete 1887 Hans von Bülow, den besten, modernsten Dirigent dieser Zeit. Während seiner fünfjährigen Amtszeit kamen als Gastdirigenten unter anderen Brahms, Grieg, Mahler und Strauss nach Berlin. Peter Tschaikowsky schwärmte nach einem Konzert von der "Elastizität" des Orchesters.

Furtwänglers Akzente

Auf Bülow folgte 1895 Arthur Nikisch, ein Dirigent mit ruhig-sparsamer Gestik. Er erweiterte in den 27 Jahren seiner Tätigkeit das Repertoire, setzte sich für Bruckner ein, pflegte seine Vorliebe für Tschaikowsky, Berlioz, Liszt oder Werke von Strauss und Mahler. Sein Nachfolger wurde 1923 Wilhelm Furtwängler, der Akzente setzte durch Temperament und Leidenschaftlichkeit. Furtwänglers Repertoire war die Klassik und Romantik, er war der Beethoven-, Brahms- und Bruckner-Interpret par excellence.

Schon im Mai 1945 trat das Philharmonische Orchester Berlin wieder auf und verpflichtete bald den damals noch unbekannten Sergiu Celibidache als ständigen Dirigenten. Seine Konzerte trugen den "Stempel des Ungewöhnlichen", wie es im Abriss zur Orchestergeschichte heißt. Bekannte Solisten, beispielsweise der Geiger Yehudi Menuhin, und namhafte Dirigenten kamen immer wieder nach Berlin, das Orchester gastierte im Ausland. 1947 kehrte Furtwängler zurück und wurde 1952 noch einmal Chefdirigent. Nach seinem Tode 1955 wählten die Philharmoniker Herbert von Karajan zum ständigen Dirigenten und Künstlerischen Leiter.

Karajan erarbeitete in den folgenden drei Jahrzehnten mit dem Orchester eine eigene Perfektion und Spielkultur. Konzerte, Tourneen und zahllose Schallplattenaufnahmen bezeugen die weltweit gerühmte Partnerschaft. Seit Oktober 1963 residierte das Orchester in der von Hans Scharoun entworfenen Philharmonie. Die Musiker haben als Bedienstete des Landes Berlin starke Mitspracherechte.

Im April 1989 trat Karajan zurück, er starb im selben Jahr in Salzburg. Das Orchester wählte Claudio Abbado zum fünften Chefdirigenten. Bei der Gestaltung seiner Programme nimmt die Musik des 20. Jahrhunderts neben Klassik und Romantik einen festen Platz ein. Alljährlich gibt es Zyklen mit einem Thema, alljährlich wird eine Oper in der Philharmonie konzertant aufgeführt. 1998 gab Abbado bekannt, dass er seinen Vertrag über 2001/2002 nicht verlängern wird. Am 23. Juni 1999 entschieden sich die Musiker für Rattle als neuen Chefdirigenten und Künstlerischen Leiter.

Eberhard Diepgen gratulierte den Philharmonikern sowie dem Sänger Dietrich Fischer-Dieskau und dem Dirigenten Kent Nagano zum Gewinn ihrer Grammys, dem "Oscar der Schallplattenbranche". Es sei bemerkenswert, dass gleich zwei Grammys nach Berlin gegangen seien. "Besonders freue ich mich über die Auszeichnung unseres Ehrenbürgers Dietrich Fischer-Dieskau. Aber mein herzlicher Glückwunsch geht natürlich auch an unsere Philharmoniker."

Cornelia Krüger

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