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Nackte Tatsachen. Bezirkskulturstadträtin Cornelia Flader (CDU) wollte keine Fotos zulassen, die Besucher stören könnten. Gregor Gysi hilft gern aus.

© J. Carstensen/dpa

Aktbilder in Berlin-Köpenick: Gregor Gysi enthüllt

Im Rathaus Köpenick wollte man die Aktfotos nicht haben. Nun hängen sie im Wahlkreisbüro des Linken-Politikers Gregor Gysi und können besichtigt werden.

Sie haben viel Spaß miteinander. „Welches ist denn das Schlimmere?“, fragt Gregor Gysi mit spöttischem Lächeln den Präsidenten der Gesellschaft für Fotografie, Hans-Jürgen Horn. Dann ziehen beide gleichzeitig das blaue Geschenkpapier von den Aktfotos und blinzeln gutgelaunt ins Blitzlichtgewitter. Die „Skandalausstellung“ in Gysis Schöneweider Wahlkreisbüro ist eröffnet.

Zu sehen sind 36 Fotos ambitionierter Amateurfotografen: Menschen in ihrer Umwelt, verloren am Busbahnhof, versunken in ihre Arbeit, schutzsuchend und nackt in der Nische eines Abrisshauses. Daneben ein Paar beim Liebesspiel in Schwarz-Weiß, verschwommen. Insgesamt vier Aktfotos, die den Skandal ausgelöst haben.

Religiöse Gefühl oder knallharte Zensur?

Die Ausstellung "Foto Klub Forum" gehört eigentlich ins Köpenicker Rathaus, doch die CDU-Kulturstadträtin Cornelia Flader wollte die Fotos vorher begutachten lassen, um sicherzustellen, dass sie die Gefühle von Mitarbeitern und Besuchern des Rathauses nicht verletzen. Auf „Aktfotos, Gewaltdarstellungen und Schockwerbung“ würde man gerne verzichten, erklärte Flader. Die Gesellschaft für Fotografie wertete das als Zensur und sagte die Ausstellung ab.

Im vergangenen Jahr fand das Foto Klub Forum regulär im Rathaus statt, inklusive Aktfotos, doch nach einigen Tagen schritt das Kulturamt ein und ließ die erotischen Bilder abhängen. Angeblich weil Menschen mit Migrationshintergrund sich daran störten. Entsprechende Beschwerden hatte es zwar nicht gegeben, aber egal.

Ein Rathaus ist kein Museum

Zur Vernissage ist Gysis kleines Büro überfüllt. Viele Anhänger, Medienleute und Hobbyfotografen sind gekommen - und Max Moor, der Moderator der ARD-Kultursendung TTT, er sei aber nur privat hier, sagt er, das Thema hätten sie schon angemessen glossiert.

Gysi findet die Nackte in der Nische ganz interessant, wegen des räumlichen Kontextes, aber besser gefällt ihm noch das Foto mit Kindern – offenbar aus Einwandererfamilien -, die im Museum andächtig vor einem Barockgemälde mit barbusigen Musen sitzen. Das passt zu seiner These, Flüchtlinge müssten Kultur und Kunst ihres Aufnahmelandes akzeptieren. Wenn Aktdarstellungen Muslimen nicht zumutbar seien, „müssten sämtliche Museen in Deutschland schließen“. Zwar ist ein Museum kein Rathaus, aber egal.

Alle Anwesenden sind sich einig, dass die Prüderie nicht über die Kunst siegen dürfe, man prostet sich zu und isst belegte Brötchen. Zwischendrin steht Lichtenbergs Bürgermeister Michael Grunst. Er würde die Ausstellung, die eigentlich 400 Fotos umfasst, gerne nach Lichtenberg holen, die Verhandlungen laufen. Bis zum 12. Mai bleiben die Bilder noch in Gysis Kunstasyl in Schöneweide.

Die Bilder sind während der Öffnungszeiten des Wahlkreisbüros in der Brückenstraße 28 zu sehen, Mo und Mi von 13 bis 16.30 Uhr. Auch eine telefonische Anmeldung ist möglich: 63 22 43 57.

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