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Berlin: Grenze des Gedenkens

In der Friedrichstraße wurden siebzehn Meter Originalmauer aufgebaut. Das löst Diskussionen aus

Die Mauer steht wieder, 17 Meter breit bislang und dreisechzig hoch, in der Zimmerstraße, schräg gegenüber des Checkpoints Charlie. Dass sie nicht auf demselben Grund steht wie bis vor 15 Jahren, stört die Bauherrin nicht. „In den Köpfen der Menschen, die die Mauer nicht erlebt haben, ist sie so gut wie vergessen“, sagt Alexandra Hildebrandt, die Chefin des CheckpointCharlie-Museums. „Es geht darum, ein Mahnmal aufzustellen. Der Ort spielt dabei nicht die große Rolle.“

Rund 150 Meter sollen bis Ende Oktober auf dem Grundstück stehen. Die Frage, wie lange die Mauer dort bleiben wird, beantwortet Hildebrandt so: „Wir werden darum kämpfen, dass sie nicht nur bis zum Jahresende stehen darf.“ Darauf aber beharren der Bezirk Mitte und die Senatsverwaltung. Mittes Bürgermeister Joachim Zeller (CDU) sagt: „Dauerhaft wollen und brauchen wir den Wiederaufbau an dieser Stelle nicht.“ Er gehe davon aus, dass Frau Hildebrandt die Mauer bis zum 1.Januar 2005 wieder abgebaut habe. „Das hat sie schriftlich versichert“, sagt Zeller. „Wir werden sehen“, entgegnet Hildebrandt und lächelt.

Wann auch immer die rund 120 Mauerteile wieder verschwinden: Schon ihr Aufbau hat Diskussionen entfacht. Kritiker spötteln über ein „DDR-Disneyland“. Und nicht nur Puristen kritisieren, dass die Mauer nicht an der Originalstelle steht. Hubertus Knabe, Chef der Gedenkstätte Hohenschönhausen gibt Hildebrandt Recht, „dass die bisherige Art des Mauergedenkens nicht reicht“. Mit dem Teilaufbau ist er aber nicht zufrieden. „Damit banalisiert man die Mauer. Menschen, die sie nicht vor 1989 und vom Ostteil aus gesehen haben, fragen sich: Und das soll ein Hindernis gewesen sein?“ Grenzstreifen und Grenzregime, die eigentlichen Barrieren, würden verschwiegen. Knabe forderte die Politik auf, sich „auf ein angemessenes Grenzgedenken“ am Checkpoint Charlie zu verständigen.

Auch Joachim Zeller spricht von einer „guten Gelegenheit, sich ehrlich mit der Geschichte dieses Ortes auseinander zu setzen und zu entscheiden, wie man das zeigt“. Umgehend präzisierte er, wen er mit „die Politik“ meint: das Land Berlin. Die Stadtentwicklungssenatorin sieht nach offizieller Version ihr Haus derzeit nicht in der Pflicht. Der Kultursenator sieht Handlungsbedarf. „Eine Mauerreplik kommt aber nicht in Frage“, sagt sein Sprecher Rainer Klemke.

Alexandra Hildebrandt wird warten. Sie hat auch gewartet, als Finanzminister Eichel sie mahnte, Gedenktafeln zum Arbeiteraufstand von 1953 von seinem Ministerium wieder zu entfernen. Jetzt gab ihm ein Gericht recht. Die Tafeln hängen noch immer. mne

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