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Berlin: Grüne orientieren sich neu - mit viel Gefühl Schwarz-Grün ansteuern

Nach den hohen Verlusten bei der Abgeordnetenhauswahl beginnt innerhalb der auf 18 Mitglieder deutlich dezimierten Grünen-Fraktion die Debatte um die künftige strategische Ausrichtung. Dabei zeichnet sich ab, dass sich die Grünen langfristig von der SPD als potenziellen Partner loskoppeln wollen und die Möglichkeiten einer schwarz-grünen Regierungsvariante intensiv ausloten.

Nach den hohen Verlusten bei der Abgeordnetenhauswahl beginnt innerhalb der auf 18 Mitglieder deutlich dezimierten Grünen-Fraktion die Debatte um die künftige strategische Ausrichtung. Dabei zeichnet sich ab, dass sich die Grünen langfristig von der SPD als potenziellen Partner loskoppeln wollen und die Möglichkeiten einer schwarz-grünen Regierungsvariante intensiv ausloten.

Noch bevor in der kommenden Woche die Fraktion in eine Strategieklausur geht, hat der langjährige Abgeordnete Bernd Köppl eine drastische Neuorientierung der grünen Oppositionspolitik gefordert. In einem mehrseitigen Strategiepapier, das dem Tagesspiegel vorliegt, tritt Köppl für eine deutlich radikalere Auseinandersetzung mit der dritten Auflage der Großen Koalition ein.

Nach Köppls Einschätzung war die Politik der Grünen in den vergangenen Jahren in erster Linie daran ausgerichtet, sich als "zukünftige bessere Regierungsalternative" darzustellen und sich als "so genannte Regierungspartei im Wartestand" zu empfehlen. Das erkläre auch, warum die von den Grünen vorgeschlagenen Alternativen sich streng an die vorgegebenen Rahmenbedingungen gehalten haben und warum auch "schwierige, aber für die Stadt notwendige Einsparprogramme mit unterstützt wurden". Bei allen "sozialverträglichen Alternativen" sei auch mit der grünen Politiklinie ein erheblicher Beschäftigungsabbau im öffentlichen Dienst, in Krankenhäusern wie bei den Sozialleistungen einhergegangen. "Dieses Image ist aber mit der Wahlniederlage für unsere Partei weg, wir sind keine potenzielle Regierungspartei im Wartestand mehr", so Köppl. Die Wähler, die den Grünen die Treue gehalten haben, verlangten nunmehr nach einer "harten wie konsequenten Oppositionspolitik".

Die Kritik an der Regierungspolitik dürfe sich nicht allein auf die "sachliche Ebene" beziehen. Statt dessen müssten die Grünen "die moralische und emotionale Seite der Politik stärker in den Vordergrund stellen". Die Frage nach dem, was prinzipiell gut oder schlecht sei, müsse höhere Priorität vor dem genießen, was durchsetzbar, juristisch möglich oder was durch eine Gegenfinanzierung gedeckt sei. Der Wähler, so Köppl, verlange nicht allein nach Realpolitik, sondern auch, dass "Gefühle angesprochen werden". Es sei an den Grünen, die "unhaltbaren Zustände dieser Gesellschaft" deutlich zu machen und die Wähler "emotional einzubinden".

Für den grünen Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Wieland waren die Grünen nie im Wartestand auf die Regierung und hatten stets in vielen Bereichen eine scharfe Oppositionspolitik verfolgt. Allerdings müsse sich die Partei langfristig um andere potenzielle Partner als die SPD bemühen. "Die sich abzeichnende Große Koalition wird vorerst die letzte in Berlin sein, 2004 steht eine andere Regierungskonstellation an", so Wieland. Dies beinhalte eindeutig die Möglichkeit einer schwarz-grünen Variante, für die seine Partei konkrete Anforderungen erarbeiten werde. Er, Wieland, werde seit längerem von führenden Christdemokraten auf eine mögliche Zusammenarbeit zwischen CDU und Grüne bereits in dieser Legislaturperiode angesprochen: "Aber das ist gegenwärtig nur ein taktisches Manöver, um die SPD in den Koalitionsverhandlungen unter Druck zu setzen."

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