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Berlin: Grüne scheren aus

Beim Haft-Skandal funktioniert Jamaika nicht mehr - Abgeordnete planen eine Sondersitzung zu Plötzensee am ersten Oktober.

Die Opposition hat noch Fragen zum Jugendstrafvollzug in Plötzensee – auch nach der aktuellen Stunde am Donnerstag im Abgeordnetenhaus. Deshalb soll auf Antrag der CDU-Fraktion eine Sondersitzung des Rechtsausschusses am 1. Oktober stattfinden. CDU und FDP wollen von Jugendrichtern bis zu einem Vertreter der einsitzenden Sträflinge möglichst viele Kenner der Szene zu Wort kommen lassen. In der SPD-Fraktion gibt es keine grundsätzlichen Einwände gegen das Verfahren: Er „nehme das so hin“, sagt der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Fritz Felgentreu.

Die Grünen-Fraktion ist ebenfalls für die Sondersitzung. Weitere Aufklärung über den Drogen- und Telefonschmuggel sei erwünscht, sagt der Grünen-Rechtspolitiker Dirk Behrendt. Das dürfte in der CDU- und der FDP-Fraktion stille Freude hervorrufen. In beiden Fraktionen waren nach der Aktuellen Stunde Zweifel daran aufgekommen, ob die Grünen aus der Front der Von-der-Aue-Kritiker ausscheren wollen. Denn Behrendt hatte in seiner Rede sehr viel sanfter als Rissmann und der FDP-Rechtspolitiker Sebastian Kluckert von der Aues Umgang mit der Affäre kritisiert.

Der Grünen-Rechtspolitiker hatte vor allem über die Prinzipien des liberalen Strafvollzugs gesprochen, die die Grünen in Plötzensee beachtet sehen wollen. Dafür tue der Senat auch finanziell zu wenig, hatte Behrendt gesagt und davor gewarnt, dass in Plötzensee die Subkulturen etwa der einsitzenden Intensivtäter den Rest der Gefangenen zu ihren Opfern machen.

"Die Grünen sind eingeknickt"

Grundsätzliche Zweifel an von der Aues Fähigkeiten äußerte Behrendt aber nicht. Über die Gründe für die neue grüne Zurückhaltung bei der Senatorinnen-Kritik grübelte man in der CDU- und der FDP-Fraktion noch am Freitag. Auch in der SPD war aufgefallen, dass die Grünen nicht mehr auf Konfrontationskurs sind.

Der rhetorische Rückzug habe wohl vor allem damit zu tun, dass es in der Debatte über Plötzensee bislang vor allem um die Sicherheit der Anstalt ging, hieß es in allen drei Fraktionen. Die grüne Anhängerschaft wolle aber anderes – da habe Behrendt ein entsprechendes Signal setzen wollen und müssen. Zumal am Tag der Aktuellen Stunde eine Umfrage mit bemerkenswerten Ergebnissen zu lesen war: Nur 41 Prozent der Befragten hielten den Rücktritt der Justizsenatorin nach dem Plötzensee-Skandal für angebracht – 55 Prozent meinten, von der Aue solle nicht zurücktreten. Und ausgerechnet die Anhänger der Grünen erwiesen sich als stärkste Bastion der Von-der- Aue-Sympathisanten: Sie waren gar zu 71 Prozent gegen einen Rücktritt.

„Die Grünen sind eingeknickt“, sagte ein führender FDP-Mann nicht ohne Bedauern. Das sage vieles über die Aussichten der Jamaika-Opposition. (wvb)

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