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Irre! Das Lollapalooza-Festival findet 2018 nicht im grünen Umland statt, sondern auf dem grünen Maifeld.

© Gregor Fischer/dpa

Ein Spezial zur Messe: Grüne Woche? Grüne Stadt!

Heute beginnt die Grüne Woche – ein heiteres Vergnügen! Zeit für ein paar Spielereien. Denn grün ist die Stadt ja wirklich: von Renate Künast bis zu den Wilmersdorfer Witwen.

Pech gehabt, ihr lieben Wilmersdorfer Witwen! Agathe, Kriemhild, Lotti und Martha geben seit gut 30 Jahren alles, so lange rattert die „Linie 1“ durch das Grips-Theater und den Rest der Welt. Allein, es reicht nicht zur Erfüllung ihres im Musical vertonten Herzenswunsches, wir dürfen ihn an dieser Stelle gern und schadenfroh noch einmal zitieren:

„Wir Wilmersdorfer Witwen verteidigen Berlin! Sonst wär’n wir längst schon russisch, chaotisch und grün!“

Über die russische Komponente mag der aus Moskau zugewanderte Stadtliterat Wladimir Kaminer urteilen, aber schon das chaotische Element wird niemand infrage stellen, der sich einmal mit der S-Bahn auf den Weg zu einem Termin beim Bürgeramt gemacht hat.

Und wer mag ernsthaft daran zweifeln, dass diese Stadt grün ist?

"Das steinerne Berlin" ist imaginär

So grau einem der Alltag im randsibirischen Winter zwischen Oktober und Mai auch erscheinen mag: „Das steinerne Berlin“ gab es nur in der Vorstellungswelt des Mannheim-New-Yorker Architekturkritikers Werner Hegemann, aber dessen Abhandlung über „die Geschichte der größten Mietskasernenstadt der Welt“ ist ja auch schon 1930 in Druck gegangen.

Drei, vier Generationen später leuchtet Berlin so grün wie der brasilianische Urwald vor der systematischen Brandrodung oder der Chicago River am St-Patricks Day. Alle Berliner Grünflächen zusammen nehmen mehr als ein Drittel der Stadtfläche ein. Da passt ganz München rein. Oder zweimal Bonn. Oder ein noch zu bildender Großbezirk Mitte-Friedrichshain-Kreuzberg-Pankow-Charlottenburg-Wilmersdorf-Spandau.

Politisch schimmerte das Grün bereits durch die Stadt, als es hier noch gar keine Grünen gab. Die Gründung der „Alternative Liste für Demokratie und Umweltschutz“ datiert von 1978, zwei Jahre, bevor sich die Partei in Karlsruhe auf Bundesebene gründete. Renate Künast, auch sie hat schon in den Siebzigern mitgemischt, wäre vor ein paar Jahren gern zur ersten grünen Regierungschefin aufgestiegen.

Das hat bekanntlich nicht ganz geklappt. Die Premiere ging kurz darauf an den Parteifreund Winfried Kretschmann, aber weil Neu-Berlin ohnehin zur Hälfte aus Schwaben besteht, darf das auch hier zumindest als Teilerfolg gewertet werden.

Grünes Gedankengut in der FDP

Im Berliner Senat sind die Grünen als Juniorpartner einer rot dominierten Stadtregierung eher unterrepräsentiert. Doch wie sehr ihr Gedankengut längst auch die Agenda der politischen Konkurrenz beeinflusst, das demonstriert in diesen Tagen die Abordnung der FDP in Friedrichshain-Kreuzberg.

Die Liberalen im grünen Musterbezirk stellen sich gerade an die Spitze einer Bewegung, die mehr Begrünung von Dächern einfordert, mehr Grün auf den Straßen und sogenannte Living Walls, begrünte Wände an öffentlichen Plätzen. Ist das mit Christian Lindner abgesprochen?

Der Berliner wohnt an der Grünen Aue, vor der Grünen Brücke, in der Grünen Trift oder in Grünau, er kauft seine Blumen in der Grünen Ecke am Tempelhofer Damm, stärkt sich zum Studieren in Dahlems Grüner Mensa und fährt ins Grüne, wenn am Gründonnerstag die Touristenhorden einfallen – denen ist er nur dann grün, wenn sie reichlich zu essen und zu trinken mitbringen wie bei der heute beginnenden Grünen Woche, am Rande des Grünewalds.

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Lesen Sie mehr im Tagesspiegel - ein Lokalteil ganz in grün: Von grünen Polizisten, über die Grünanlagen bis zur Grünen Welle. Und ganz nebenbei geht es auch um die Grüne Woche. Hier finden Sie gebündelt das E-Paper der heutigen Ausgabe.

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