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Grüner Konflikt: Künast gibt das Hanf nicht frei

Vorwurf Ökospießertum: Grüne Spitzenkandidatin eckt mit Aussagen gegen Drogen in der "Super-Illu" innerparteilich an. Und das kurz vor der Hanfparade.

Renate Künast hat sich Ärger mit den Drogenpolitikern ihrer Partei eingehandelt. In einem Interview in der aktuellen „Super Illu" sagt sie auf eine Frage nach der alten Forderung der Grünen nach „Recht auf Rausch“: „In welchem Jahrhundert machen Sie eigentlich dieses Interview mit mir? Diese Zeiten sind längst vorbei. Mein Ziel ist es, dass die Menschen ein möglichst drogenfreies Leben führen, weil ein drogenfreies Leben gesund und schön ist und viele Probleme – nehmen wir nur die Beschaffungskriminalität – gar nicht erst entstehen."

Damit geht sie auf Konfliktkurs mit den Liberalisierern ihrer Partei wie dem drogenpolitischen Sprecher Tibor Harrach oder dem Kreuzberger Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele („Gebt das Hanf frei!“). Harrach, einer der Hauptakteure der am Sonnabend zum 15. Mal stattfindenden Berliner „Hanfparade“, kritisierte die Spitzenkandidatin am Dienstagabend vor der Presse in der Friedrichshainer „Jägerklause“ für diese restriktive Auffassung, die in einschlägigen Weblogs schon als „Ökospießertum" verspottet wird.

Hintergrund des Konflikts ist die Tatsache, dass die ausführlichen Forderungen und Darlegungen der Cannabis-Befürworter bei den Berliner Grünen für das Wahlprogramm auf einen weitgehend nichtssagenden Passus eingedampft wurden. Dort heißt es nun im Zusammenhang mit dem Kampf gegen den kriminellen Drogenhandel nur noch vorsichtig: „Wir halten es für wirksamer, weiche Drogen wie Cannabis kontrolliert an Erwachsene abzugeben.“

Der Pharmazeut Harrach – und wohl auch die Mitglieder der drogenpolitischen Arbeitsgemeinschaft der Berliner Grünen – sind für die komplette Legalisierung von Cannabis als Rohstoff, Medizin und Genussmittel. Die Forderung der diesjährigen Hanfparade, die am 6. August ab 13 Uhr nach einer Eröffnungskundgebung vom Alexanderplatz zum Reichstag zieht, lautet deshalb „40 Jahre sind genug – BtMG ade!“ BtMG steht für das vor nunmehr 40 Jahren in Kraft getretene Betäubungsmittelgesetz, das nach Auffassung der Veranstalter „Millionen Bürger kriminalisiert, weil sie andere Drogen bevorzugen als die Mehrheit“.

Die 1997 erstmals veranstaltete Parade hat schon bessere Zeiten gesehen: 1998 zählten die Veranstalter 80 000 Teilnehmer, dann ging das Interesse aber zurück, bis schließlich das veranstaltende Bündnis 2006 in die Pleite rutschte. Neuer Träger ist der Verein JaKIS. „Hanfaktivist“ Steffen Geyer, Sprecher der Hanfparade, rechnet diesmal mit rund 5000 Besuchern. Im Verlauf der Demonstration sind Zwischenkundgebungen am Hackeschen Markt, vor dem Bundesgesundheitsministerium und der Russischen Botschaft vorgesehen, bevor um 16 Uhr das Programm auf der Haupttribüne an der Scheidemannstraße beginnt. Es soll bis 22 Uhr dauern.

Dort öffnet bereits um 13 Uhr auch ein Hanfmarkt, der die Einsatzmöglichkeiten der alten Kulturpflanze von Kosmetik über Medizin bis zu jenem Bereich zeigen soll, der als „szenetypisch“ umschrieben wird. Mit der Anwesenheit von Renate Künast wird angesichts des Interviews nicht gerechnet. Bernd Matthies

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