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Berlin: Grüße aus Balkonien: Teil 6: Ein Garten als grünes Wohnzimmer

Anne Wink liebt alle Pflanzen -Urlaub auf Balkonien - was kann es Schöneres geben? Berliner Balkonier erzählen, wie sie ihre Ferien daheim verbringen.

Anne Wink liebt alle Pflanzen -Urlaub auf Balkonien - was kann es Schöneres geben? Berliner Balkonier erzählen, wie sie ihre Ferien daheim verbringen.

Anne Wink, 93 Jahre, Neukölln. "Die meisten Sommer habe ich im Garten verbracht - und auch dieses Jahr gehe ich raus, wann immer ich kann. Als mein Mann noch lebte, sind wir auch zusammen verreist. Von unserem Schwiegersohn bekamen wir damals den VW Käfer und sind in den Schwarzwald oder in meine Geburtsstadt Heidelberg gefahren. Italien war das weiteste. Wenn ich noch größere Reisen machen könnte, dann würde mich ein Land reizen: Island. Wegen der Kälte und der Natur. Aber mein Mann und ich haben in den Ferien immer gern zu Hause unter unserem Nussbaum gesessen.

Seit ich alleine bin, setze ich mich da nur noch hin, wenn Besuch da ist, sonst komme ich mir so verlassen vor. Wenn ich im Garten bin, arbeite ich am liebsten.

Nun ist es aber nicht so, dass ich überall zupfe. Im Gegenteil. Bei mir darf alles wachsen. Den Begriff Unkraut finde ich unpassend. Auch das sind schöne Pflanzen, die herrlich blühen. Wenn ein Garten nur aus Rasen besteht, finde ich das langweilig. Meiner ist jedenfalls nicht nach Schema F angelegt. Wie groß das Grundstück ist? 931 Quadratmeter. Früher hatten wir 1750 Quadratmeter, das haben wir alles ganz alleine umgegraben. Wir haben uns während des Krieges vom Garten ernährt: Tomaten, Kartoffeln, Petersilie, Rhabarber, Kirschen, Mirabellen, Johannisbeeren. Sogar Tabak wuchs da in den Kriegsjahren, damit mein Mann was rauchen konnte.

Der Garten hat uns ernährt. Manchmal kamen Leute aus der Stadt und haben sich Petersilienbündchen geholt. Die haben sich so gefreut, das war direkt rührend. Früher hatten wir Hühner, einen Hund, Schildkröten. Und Gänse, die sind mit zum Einkaufen gewatschelt. Heute füttere ich meinen Kater Paule, der ist mir mal zugelaufen, eine fremde Katze und einen Igel.

Jetzt kann ich ja leider nicht mehr so arbeiten wie früher. Aber gerade gestern habe ich Begonien gepflanzt: Erst das Loch graben, dann Hornspäne reinstreuen, mit der Erde vermengen, zuschütten, und außen herum den Gießrand nicht vergessen. Sein Grün sollte sich jeder individuell anlegen. Wichtig ist, dass man gute Erde hat und gesunde Pflanzen, die sich zu einem harmonischen Bild fügen. Aber das ist alles Geschmackssache, da gibt es keine Regeln. Ich liebe alle Pflanzen. Für mich ist mein Garten wie ein Wohnzimmer. Und außerdem ist er auch mein Seelendoktor.

Annette Kögel

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