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Grundwasser: Berliner und Betriebe klagen über nasse Füße

Der Dauerregen drückt nicht nur auf die Stimmung. Grundwasser steigt in die Keller und greift die Bausubstanz an. Die IHK fordert die Politik zum Handeln auf – und warnt vor dem Verlust von Jobs.

Berlin steht in diesem Sommer nicht nur im Regen, sondern auch mit den Füßen im Wasser. In einer gemeinsamen Erklärung fordern Wirtschafts- und Eigentümerverbände von Senat und Abgeordnetenhaus, etwas gegen den Anstieg des Grundwassers zu unternehmen. Das Problem dürfte sich nach dem Rekordregen im Juli weiter verschärfen. Wie hoch das Wasser steht, zeigen auch die sichtbar erhöhten Pegel an Havel und Spree sowie das Hochwasser der Erpe vor zwei Wochen, bei dem die Feuerwehr eine ganze Gartenkolonie und einige Keller trockenlegen musste. So kommt zum langfristigen Trend – dem seit der Wende halbierten (Grund-)Wasserverbrauch Berlins – ein akutes Problem.

Am stärksten betroffen ist das Gebiet des quer durch Berlin verlaufenden Urstromtals von Spandau über Charlottenburg-Nord und Friedrichshain bis in den Südosten. „Rund 20 Prozent der Industriebetriebe“ dort hätten sich in einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer als Betroffene gemeldet, erklärt IHK- Hauptgeschäftsführer Jan Eder. Auf Nachfrage heißt es, dass es 13 von gut 50 gewesen seien. Laut Eder hat sich „das Problem zu hoher Grundwasserstände zu einem massiven Standortnachteil“ entwickelt. Wenn die Politik es nicht löse, gefährde sie Jobs und Investitionen.

Beim Wohnunternehmerverband BBU heißt es, dass rund 20 000 von 700 000 Wohnungen der Mitgliedsunternehmen betroffen seien. Symptome seien feuchte Mauern sowie gelegentlich Wassereinbrüche in Aufzugsschächten und Kellern. Mindestens ebenso stark wie die BBU- Mitgliedsbetriebe dürften Bewohner von Einfamilienhäusern betroffen sein. Die meisten dieser Gebäude entstanden im 20. Jahrhundert, als die große Nachfrage der Industriebetriebe und der erst wenig aufs Sparen bedachten Berliner den Grundwasserspiegel hatte sinken lassen.

Jetzt bekommt selbst das Spandauer Motorradwerk von BMW nasse Füße: „Bei uns ist das Grundwasser schon in manche Keller eingedrungen“, sagt eine Sprecherin. Bei Siemens heißt es: „Die Lage hat sich verschärft.“ Der Pegel werde stündlich überwacht. Der Konzern bezahle den Weiterbetrieb des Wasserwerks Jungfernheide, um seine Gebäude in Siemensstadt trocken zu halten. Das Wasser werde in die Spree gepumpt.

Dieser Weg ist die Ausnahme. Zwar betreiben die Berliner Wasserbetriebe (BWB) ihre neun Wasserwerke auch nach politischen Vorgaben, „aber Grundwasserförderung ist nicht der Betriebszweck des Unternehmens“, sagt BWB-Sprecher André Beck. Man verstehe den Ärger der Betroffenen, aber Adressat sei die Politik. Wenn der Senat eine verstärkte Förderung wolle, müsse er sie bezahlen.

Aus Sicht der IHK kann die Grundwassergebühr dazu dienen. Sie ist in Berlin mit 31 Cent pro Kubikmeter bundesweit am höchsten. Sie spülte 2010 knapp 50 Millionen Euro in die Landeskasse, wo sie ohne Zweckbindung versickerte.

Die Umweltverwaltung des Senats macht den Betroffenen wenig Hoffnung: Eine Sprecherin verweist auf das Berliner Wassergesetz, demzufolge der Trinkwasserschutz stets Vorrang habe. Die Häuser müssten laut Bauordnung vom Bauherr bzw. Eigentümer vor Wasserschäden geschützt werden. Das Verwaltungsgericht habe deren Verantwortung bestätigt – und die Bewohner des massiv betroffenen Rudower Blumenviertels abblitzen lassen.

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