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Berlin: Hair World 2000: Konsumrausch

Ja, ist denen denn gar nichts heilig? Denen scheint jeder Anlass recht zu sein, um ihren Krimskrams am Sonntag verkaufen zu dürfen.

Von David Ensikat

Ja, ist denen denn gar nichts heilig? Denen scheint jeder Anlass recht zu sein, um ihren Krimskrams am Sonntag verkaufen zu dürfen. Die Friseurmeisterschaft haben die Kaufhäuser gestern zum Vorwand genommen, um das Verkaufsverbot umgehen zu können. Sie haben Haarfestiger und Shampoos dekorativ im Eingangsbereich aufgestapelt, und dachten sich: Prima Service, den wir der Hauptstadt in ihrem Kopfmodenrausch da bieten. Haben die denn nicht gemerkt, dass der augenblickliche Rausch ein anderer ist? Geföhnt oder ungeföhnt, wer fragt danach? Wir liegen uns hier in den Armen und feiern seit gestern den 3. Oktober (beim zehnten Jahrestag darf man schon mal ein bisserl vorfeiern), und die lassen ihre Läden wegen der Figaro-Olympiade offen. Ja wissen die denn nicht, dass sie damit einen ganz empfindlichen Nerv treffen?

Mensch, Leute, da gibt es ein ganz fieses Gerücht! Das besagt, dass die Einheit nur so schnell zu Stande kam, weil wir Ostler den Westkonsum wollten. Dass es uns gar nicht so sehr ums Vaterland ging, wie all die Fahnen ohne Emblem manchen glauben ließen. Gerade haben wir es im Freudentaumel vergessen, da lassen die Läden ihre Türen offen, blenden mit ihren schönen, teuren Dingen das feiertäglich offene Antlitz - und schon hört man die kritischen Geister wieder fragen: "Ging es denen wirklich darum, mit ihre Brüdern und Schwestern eins zu sein, oder wollten sie nur den Glitzerkram?" Wie wollen die Kaufhäuser das nun wieder gutmachen?

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