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Berlin: Hart, aber nicht herzlich

Innensenator Ehrhart Körting bleibt kühl im Duell mit den Gewerkschaften – und lässt sich von Drohungen nicht beeindrucken

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Er ist klein und drahtig, aber ein intellektuelles Kraftpaket. Und seitdem Ehrhart Körting Innensenator ist, hat er auch als Regierungspolitiker starke Auftritte. Nach dem 11. September 2001, als überall in der Welt die Angst vor blindwütigem Terror umging, hat sich der Sozialdemokrat Körting mit einer umsichtigen, aber konsequenten Sicherheitspolitik nicht nur in den eigenen Reihen hohen Respekt verschafft. „Damals hat er alles getan, was zu tun war; wirklich brillant“, loben ihn Parteifreunde.

Jetzt, im Konflikt mit den Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes, tut der 60-jährige Sozialdemokrat wieder alles, was zu tun ist. Bis tief in die Nacht saß er mit dem Finanzsenator Thilo Sarrazin zusammen, gemeinsam über einen Taschenrechner gebeugt. Eigenhändig haben die beiden mit Prozentsätzen und Stellenzahlen jongliert – ganz ohne den Verwaltungsapparat. Das Korsett des bundesweiten Tarifverbunds wurde von heute auf morgen gesprengt, die Arbeitszeit der Beamten auf Rekordhöhe geschraubt. Und im gleichen Atemzug unterbreitete Körting den Berliner Gewerkschaften ein Verhandlungs-, aber kein Friedensangebot.

Hart im Tonfall und kühl bis ins Herz machte der Innensenator am Dienstag im Roten Rathaus deutlich, dass er Beamtenstreiks nicht dulden und sich von anderen Protestaktionen nicht beeindrucken lassen will. Man glaubt es ihm unbenommen. Was hätte Körtings politischer Ziehvater, der längst verstorbene ehemalige Bausenator und Alt-Linke Harry Ristock dazu gesagt? Wir wissen es nicht, und müssen es auch nicht wissen. Die Zeiten haben sich geändert in Berlin, und Körting kann für sich selbst sprechen.

Als er Volksbildungsstadtrat in Charlottenburg war, in den siebziger Jahren – ausgestattet mit dem gleichen wuseligen Haarschnitt wie heute, aber noch mit kräftigem Oberlippenbart – nannten ihn kommunale CDU-Größen ein „Schlitzohr“. Gleichwohl war der promovierte Jurist sowohl als Bau- wie später als Schulpolitiker hoch geschätzt.

Körting ist ein exzellenter Fachmann, wenn auch nur ein mäßig begabter Parteitaktiker. Das hatte Folgen für seine politische Karriere und erklärt auch den einen oder anderen Karriereknick. Als Stadtrat wurde Körting von der eigenen Fraktion abgesägt; erst spät wurde ihm ein Mandat im Abgeordnetenhaus gegönnt. 1997 wurde Körting Justizsenator, mit guten Ideen, aber ohne Durchschlagskraft. Ein eher unauffälliges Kabinettsmitglied, das 1999 ausscheiden musste. Erst nach dem Bruch der Großen Koalition, als Rot-Grün und ein halbes Jahr später Rot-Rot regierte, fand der ehemalige Vize-Präsident des Berliner Verfassungsgerichts seine berufliche und politische Erfüllung. Als Innensenator. Freundlich-distanziert, sprachlich geschliffen und mit wohlüberlegten Vorschlägen versteht es Körting, den Senat, das Parlament und die Öffentlichkeit zu überzeugen. Ein richtig harter Arbeiter soll er geworden sein. Motto: „Die Bürger wollen von der Politik vor allem wissen, wo vorn ist.“

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