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Berlin: Harte Zeiten für Gummibärchen

Tour 3: Kinder ins Chemielabor der Freien Universität

Solche Gummibärchen gibt es nicht alle Tage. Aufgepeppt mit Vitaminen und Ballaststoffen, ein bisschen größer als das Original aus der Tüte und vor allem: „Aus eigener Herstellung!“ – sagt die zehnjährige Julia und weiß, dass sie auf ihre „PowerBärchen“ jetzt so gut Acht geben muss, als wären es Weihnachtsplätzchen. Denn 15 Kinder haben sie gemeinsam fabriziert, nun wollen alle kräftig zulangen. Sie stehen in weißen Kitteln im Versuchslabor des Fachbereichs Chemie der Freien Universität (FU) an der Takustraße 3 in Steglitz und haben gerade erste Geheimnisse der chemischen Wissenschaft kennen gelernt.

„Kinder experimentieren gern“, sagt die Expertin für die Didaktik der Chemie an der FU, Angela Köhler-Krützfeldt. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit der Frage, wie man Kindern und Jugendlichen den Spaß am Lernen im naturwissenschaftlichen Unterricht bewahrt. Und dabei stellt sie immer wieder fest: „Viele sind schon als Grundschüler stark an Chemie interessiert.“

Doch in Berlin wird dieser Wissensdrang zu wenig gefördert, sagt Angela Köhler-Krützfeldt. Junge Berliner haben erst ab der 8. Klasse Chemieunterricht, und rund um die Naturwissenschaften gibt es kaum Freizeitangebote wie für Musik oder Sport.

Damit sich das ändert, laden die Didaktiker am Fachbereich Chemie Kinder und Jugendliche direkt in die Uni ein oder besuchen sie in der Schule. In der Takustraße gibt es sogar ein besonderes Labor für den Nachwuchs und einen Experimentierclub – genannt „Die Forschermäuse“. Schulklassen melden sich an, aber auch privat organisierte Kindergruppen. Und sie erleben dort an einem Vor- oder Nachmittag, „dass es in der Chemie nicht nur zischt und knallt“, sondern auch Zauberei im Spiel ist – zumindest auf den ersten Blick. Man kann zum Beispiel Geheimtinte mixen oder aus weißen Blumen bunte machen.

Der Bereich Didaktik der Chemie hat spezielle Experimente für junge Besucher entwickelt. So den Windel-Test. „Eine feuchte Windel bleibt bei Bränden meist unbeschadet“, erzählt die Chemikerin. „Warum?“ Um das zu klären, zertrennen die Nachwuchsforscher das Vlies und stellen fest: Im Inneren befinden sich winzige Kunststoffkügelchen. Nun feuchten sie diese an, aber die Kugeln können gar nicht genug Wasser bekommen. Es sind superabsorbierende Polymere. Ein Gramm kann bis zu einem Liter Flüssigkeit aufnehmen und widersteht voll gesogen jeder Flamme.

Auch Farben sind Experimente wert. Was ist drin im Saft der Purpurschnecke, mit dem Königsgewänder gefärbt wurden? Wie stellt man Indigo her, das Blau unserer Jeans? Und natürlich hat die Welt der Kunststoffe noch mehr zu bieten als Windel-Kügelchen. An der Takustraße stellen junge Chemiker Flummi-Bälle her und schäumen Styropor-Eier auf.

Oder sie beschäftigen sich mit Gummibärchen. Lösungen werden auf sie getröpfelt und zeigen durch ihre Verfärbung an, dass Bärchen aus Zucker und Gelatine bestehen. Aber nun gehen die Kinder den umgekehrten Weg. Sie mixen Gelatine und Zuckerstoffe zusammen, streuen Vitamine hinzu und gießen den Mix in Formen: Betten für Power-Bärchen. Ein paar Stunden müssen sie zur Ruhe kommen. Dann sind sie so kräftig, dass man sie wunderbar kauen kann.CS

Der Fachbereich Chemie lädt am Donnerstag, 4. Dezember, 14.30, 20 Tagesspiegel-Kinder zwischen 9 und 12 Jahren zum Experimentieren ein (siehe: So melden Sie sich an).

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