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Stadtentwicklung: Hauptbahnhof bleibt bis 2015 Dauerbaustelle

In den nächsten Jahren dürfte das Verkehrschaos rund um den Hauptbahnhof noch größer werden. Der Europaplatz wird zur Großbaustelle für die S 21. Abgeordnete kritisieren auch die neuen Gebäude.

Auch alte Ärgernisse können neue Empörung mobilisieren. Als der Stadtentwicklungsausschuss des Parlaments am Montag über das Areal um den Hauptbahnhof debattierte, ließen die Abgeordneten ihrem Frust freien Lauf. Moniert wurde nicht nur die Plattenbauästhetik der Hotelneubauten, sondern auch die nach viereinhalb Jahren noch immer unzulängliche Verkehrsführung: Weit entfernte Bushaltestellen, endlose Rotphasen für die Scharen von Fußgängern, verstopfte Zufahrten und wild durcheinander geparkte Fahrräder. In den nächsten Jahren dürfte das Chaos noch deutlich größer werden, weil der Europaplatz auf der Nordseite des Bahnhofs für die geplante S-Bahnlinie S 21 zur Großbaustelle wird.

Nach Auskunft der Stadtentwicklungsverwaltung sind von Oktober 2011 bis etwa Februar 2015 vier Bauabschnitte mit unterschiedlichem Platzbedarf geplant. In allen Phasen wird das vor allem für den Taxiverkehr wichtige Friedrich- List-Ufer teilweise gesperrt – von September 2013 an sogar mitsamt der nördlichen Taxiausfahrt. Das Konzept sei „mit der Innung abgestimmt“, sagte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher im Ausschuss. Roland Bahr, Zweiter Vorsitzender der Innung, sagte auf Nachfrage: „Wir haben am Donnerstag eine Mail bekommen, dass das Ufer gesperrt wird. Da wir vor der Invalidenstraße schon jetzt immer im Stau stehen, erwarte ich Chaos.“

Linke und Grüne sorgen sich vor allem, dass wegen der Buddelei auch die für 2013 avisierte Straßenbahn durch die Invalidenstraße direkt in das Kuddelmuddel fährt, das sich dann auch für die Kunden der BVG nochmals verschärfen wird. Die Stadtentwicklungsverwaltung kündigte eine Abstimmung mit der BVG sowie eine weitere Verkehrsuntersuchung an. Für Kurzzeitparker wolle man während der Bauarbeiten eine Alternative auf der südlichen Bahnhofsseite schaffen. Dort wird seit vergangener Woche der bisher gänzlich asphaltierte Washingtonplatz mit ein paar Bäumen und einem neuen Belag aus Granitplatten und Pflastersteinen versehen. Ein Antrag der Grünen, diese Arbeiten auszusetzen, bis ein Gesamtkonzept vorliegt, fand allerdings nur die Zustimmung der CDU, während SPD und Linke ihn abschmetterten.

Einmütig dagegen war die Klage der Parlamentarier über die Optik der vorhandenen und geplanten Neubauten, die fast ausschließlich Hotels und Büros beherbergen sollen: Eine „seelenlose, monotone Stadträumlichkeit“ sieht Torsten Hilse (SPD) kommen. Von einem „katastrophalen Erscheinungsbild“ sprach Stefanie Bung (CDU), „an Phantasielosigkeit kaum zu überbieten“ findet es Sylvia Maria von Stieglitz (FDP), „entsetzt“ äußerte sich Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne) beim Gedanken an das notwendige Gewirr von Erschließungsstraßen, und der Ausschussvorsitzende Thomas Flierl (Linke) gab die Parole aus: „Wir müssen da eingreifen, bevor ein typisches Bahnhofsviertel mit all den daraus folgenden Problemen entsteht.“

Die Kritik richtet sich sowohl gegen die bereits fertigen Hotels Meininger und Motel One als auch gegen die geplante Bebauung der Bahnhofsumgebung auf den Flächen der Vivico und die Umbauung des Humboldthafens. Dessen Ufer vermarktet der landeseigene Liegenschaftsfonds – aber nicht vor dem Sommer 2011, „weil der Markt das zurzeit nicht hergibt“, wie eine Sprecherin sagt.

Dass von den allseits gewünschten Wohnungen in dem Quartier keine Rede mehr ist, erklärt die Senatsbaudirektorin mit unzumutbarem Lärm wegen des verkürzten Bahnhofsdachs: „Das ist so und das kann man auch nicht ändern.“ Für die Gebäudefassaden hätten Verwaltung und Vivico ein Leitbild beschlossen, aber Billighotels lohnten sich eben nur mit billigen Fassaden, erklärte Lüscher. Henrik Thomsen, Berlinchef von Vivico, stellte neuere Pläne für Ende November in Aussicht, versprach „auch Gastronomie und Einzelhandel“ und versicherte: „Wir haben uns große Mühe gegeben.“

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