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Berlin: Hauptschul-Rektoren fordern Abschaffung ihrer Schulform

Willenserklärung nach Treffen mit Bildungssenator Klaus Böger. Der SPD-Politiker verteidigt Berlin im Bundestag als Vorbild bei der Integration

Berlins Hauptschulleiter haben auf einem Treffen mit Bildungssenator Klaus Böger (SPD) die Abschaffung ihrer Schulform gefordert. Zum Abschluss der Versammlung gab es eine entsprechende „einvernehmliche Willenserklärung“, die allerdings nicht Punkt für Punkt abgestimmt wurde. Als Übergangslösung könne es ein zweigliedriges Schulsystem mit Gymnasien und Sekundarschulen geben, so der Vorschlag der Hauptschulchefs.

Der Senator hatte alle Hauptschulrektoren in die Kreuzberger Eberhard- Klein-Schule geladen, um mit ihnen über ihre Situation und die Konsequenzen der Rütli-Diskussion zu sprechen. „Wir sind uns einig, dass die Schulen Instrumente brauchen, um bei Verstößen entschlossener reagieren zu können“, sagte Böger dem Tagesspiegel nach dem Schulleitertreffen. Welche Art von Sanktionen das sein können, will er mit den Rektoren und der Justizverwaltung klären.

Anschließend eilte Böger in den Bundestag, zur Aktuellen Stunde zum Thema „Gewalt an Schulen“. Da wurde er mit dem Vorwurf konfrontiert wurde, der Senat habe bei den Problemen der Migration versagt. Das wies Böger zurück. Schon unter seiner CDU-Amtsvorgängerin Hanna-Renate Laurien, so Böger habe es Hauptschulen gegeben, in denen nur 40 Prozent der Schüler einen Abschluss schafften. Zudem habe Berlin viel getan: Es gebe in der Hauptstadt als erstem Bundesland einen verpflichtenden Sprachtest für Kinder im Vorschulalter und bis zu 330 Stunden zusätzlichen Unterricht, wenn dies nötig sei. „Das ist keine bayerische Kabinettsvorlage, das ist Berliner Politik“, sagte Böger.

Die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast attackierte CDU und FDP wegen eigener Versäumnisse: „Was hat denn die CDU getan? Sie hat Ganztagsbetreuung gestoppt.“ Künast verwies darauf, dass Gewalt an Schulen kein Ausländerproblem sei. In Gardelegen in Sachsen-Anhalt seien an einer Hauptschule – ohne ein einziges ausländisches Kind – ein Drittel der Lehrer krank, Pöbeleien und Gewalt an der Tagesordnung. „Ich erinnere mich noch sehr genau an Zeiten, als die CDU fragte, wie man denn dazu käme, Migranten auch noch Deutschkurse zu bezahlen“, sagte Künast.

Böger ist fest entschlossen, die Krise der Rütli-Schule als Chance für Verbesserungen zu nutzen. Mit dem Rückenwind, der durch die Diskussion entstanden ist, will er erreichen, dass alle Hauptschulen nicht erst 2007, sondern schon bis zum 1. August ihre dringend benötigten Sozialarbeiter bekommen. Zudem will er mit der Justizverwaltung klären, was Schulen tun können, um schwierige Kinder zu stoppen, bevor sie straffällig werden.

Beim Schulleitertreffen am Mittag ging es auch um Probleme wie den Lehrermangel. Böger forderte die Schulleiter auf, ihm so schnell wie möglich aktuelle Zahlen auf den Tisch zu legen, damit er noch rechtzeitig vor dem Schuljahresende die Personalplanungen korrigieren könne. Wie berichtet, behauptet die Bildungsverwaltung häufig, dass die Schulen genug Lehrer hätten, obwohl etliche von ihnen dauerkrank sind. Diese Situation hatte auch zur Eskalation an der Rütli-Schule beigetragen. Zudem schlugen die Rektoren vor, attraktivere Bedingungen für stellvertretende Schulleiter zu schaffen. Wenn man ihnen lediglich vier Unterrichtsstunden erlasse, sei kaum jemand bereit, diese Arbeit zu machen. Dies habe auch dazu geführt, dass die Rütli-Schule zehn Jahre lang keinen Stellvertreter hatte.

Und dann gab es gestern noch einen dritten Termin zum Thema: In der Neuköllner Karlsgarten-Grundschule trafen sich rund 80 Pädagogen, um Solidarität mit den Kollegen von der Rütli-Schule zu demonstrieren. Deren vormalige kommissarische Rektorin Petra Eggebrecht, die mit ihrem Brief die Debatte ausgelöst hatte, freute sich über die Unterstützung. Sie sagte, dass aus dem ganzen Bundesgebiet Solidaritätsadressen einträfen. Die Erzieher und Lehrer griffen den Senat und dessen Bildungspolitik scharf an. „Die Politik hat uns alleine gelassen“, sagte Robert Peiser, Vorsitzender der GEW Neukölln und forderte ebenfalls die Abschaffung der Hauptschulen und die Errichtung einer „Gemeinschaftsschule“. Er beklagte vor allem das Fehlen von Schulstationen, in denen Sozialarbeiter sich mit problematischen Jugendlichen beschäftigen. Nur vier Grundschulen in Neukölln seien damit ausgestattet. Beschlossen wurde eine „Notstandskonferenz“ im Mai, auf der es eine Bestandsaufnahme der Situation an den Schulen geben soll.

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