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Hauptstadtdiskussion: "Kernaufgaben" nach Berlin?

Im Dauerstreit um die Arbeitsteilung zwischen Bonn und Berlin gibt es neue Argumente für die Hauptstadt. Laut einem Bericht des Innenministeriums könnten "Kernaufgaben" von Ministerien in Berlin konzentriert werden.

Berlin - Eine Konzentration "ministerieller Kernaufgaben" in Berlin und im Gegenzug dafür eine Verlagerung administrativer Verwaltungsaufgaben nach Bonn ist im Rahmen geltender Gesetze möglich. Das geht aus einem heute bekannt gewordenen Bericht des Bundesinnenministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor.

Zu möglichen Kosten oder Einsparungen bei einer stärkeren Berlin-Präsenz wurden jedoch keine näheren Angaben gemacht. In dem 103-Seiten-Papier wird zugleich klargestellt, dass ein Komplettumzug nach Berlin dem Berlin-Bonn-Gesetz von 1994 widersprechen würde und nur bei neuen gesetzlichen Regelungen machbar wäre. Die große Koalition von Union und SPD hatte im Koalitionsvertrag vereinbart, am Berlin-Bonn-Gesetz nicht zu rütteln.

Ineffiziente Arbeitsteilung

Haushaltspolitiker von Union und SPD prangern seit längerem die Bonn-Berlin-Arbeitsteilung als ineffizient an. Sie wollen "Effizienzpotenziale aus einer stärkeren Konzentration ministerieller Aufgaben in Berlin und der damit verbundenen Reisetätigkeit" heben. "Der Wanderzirkus ist der Bevölkerung nicht weiter zu erklären", hieß es Anfang November 2006. Daher wurde ein 20-Punkte-Fragenkatalog aufgestellt, den die Bundesregierung bis April 2007 beantworten sollte. Die Haushaltspolitiker Steffen Kampeter (CDU) und Carsten Schneider (SPD) betonten zugleich mehrfach, dass es ihnen nicht um eine Änderung des geltenden Berlin-Bonn-Gesetzes gehe.

Die "Bundesstadt" Bonn beherbergt immer noch den Hauptsitz von sechs Ministerien. Insgesamt arbeiteten am Bonner Dienstsitz aller Ministerien im vergangenen Jahr dem Bericht zufolge 9148 Beamte. In der "Bundeshauptstadt" Berlin waren 8726 Beschäftigte tätig.

Verlagerung möglich

In dem Bericht heißt es, die Vorschriften des Berlin-Bonn-Gesetzes hätten "ganz überwiegend keinen zwingenden Charakter". Die "weitere Abschichtung" bisheriger ministerieller Aufgaben beziehungsweise Abteilungen in den nachgeordneten Bereich unterliege der "Ressortselbstständigkeit der Bundesminister" und sei nach dem Gesetz nicht ausgeschlossen. Sollten ministerielle Aufgaben im Bereich Köln/Bonn auf nachgeordnete Behörden verlagert werden, "wäre lediglich die Zahl der ministeriellen, nicht aber die Gesamtzahl der Arbeitsplätze in der Region tangiert".

Die weitere Veränderung der Aufgabenverteilung mit einer Rückführung der Ressorts auf ministerielle Kernaufgaben wäre auch dann mit dem Berlin-Bonn-Gesetz vereinbar, wenn der Anteil ministeriellen Arbeitsplätze in Berlin steigen würde. Zudem schreiben die Experten: "Unabhängig von der bestehenden Organisationsgewalt der Bundeskanzlerin und der Ressortselbstständigkeit hat der Deutsche Bundestag mit dem Berlin-Bonn-Gesetz gesetzliche Regelungen zu der Aufteilung der Regierungsfunktionen auf die Standorte Berlin und Bonn geschaffen, die jedenfalls einer vollständigen Verlagerung der Bundesregierung nach Berlin widersprechen würden." Eine Änderung dieses Kompromisses wäre nur durch Gesetz möglich. (tso/ddp)

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