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Haushalt: Nußbaum will strengeren Sparkurs als Sarrazin

Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) hat angekündigt, noch stärker sparen zu wollen als sein Vorgänger Thilo Sarrazin (SPD). Da wegen der Finanzkrise weniger eingenommen, aber mehr für Sozialleistungen ausgegeben werde, sei eine noch strengere Haushaltsdisziplin notwendig.

Knapp vier Monate nach seinem Amtsantritt verabschiedet sich Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) vom Haushaltskurs seines Amtsvorgängers Thilo Sarrazin (SPD). Er halte es angesichts der Finanzkrise bis 2013 nicht für möglich, die Ausgaben des Senats um mehr als 0,3 Prozent pro Jahr zu steigern, sagte Nußbaum am Dienstag. Sarrazin war noch von einer durchschnittlichen Erhöhung der Ausgaben in den nächsten Jahren um 1,3 Prozent ausgegangen. Damit sind neue Sparmaßnahmen unvermeidbar, sofern die Einnahmen nicht deutlich steigen. Kritik kam von der Opposition.

Hintergrund der Kurskorrektur seien Einnahmeausfälle infolge der Finanzkrise, sagte Nußbaum. Dazu gehörten die Aufwendungen im Sozialbereich infolge wachsender Arbeitslosigkeit und bei den Zinsbelastungen. Berlin muss allein 2010 und 2011 neue Schulden von rund 5,6 Milliarden Euro aufnehmen, um den Haushalt auszugleichen. Die Stadt sitzt schon auf 60 Milliarden Euro Schulden.

Hinzu komme die Verpflichtung der Länder, wonach sie ab 2020 keine neuen Schulden mehr machen dürfen, sagte Nußbaum. Mit der Ausgabenlinie von maximal 0,3 Prozent gebe es de facto keine Zuwächse mehr, obwohl zusätzliche Ausgaben auf den Senat zukämen wie Gehaltserhöhungen im öffentlichen Dienst und Kita-Mehrkosten.

Als Folge dieses Kurses müssten "nach heutiger Einschätzung" 2012 rund 225 Millionen Euro und 2013 etwa 251 Millionen Euro eingespart werden, sagte Nußbaum. Auf konkrete Kürzungsvorschläge habe sich der Senat noch nicht festgelegt. Auch umstrittene Projekte wie der Bau einer Kunsthalle oder der Landesbibliothek seien bisher nicht auf Eis gelegt. Ein Sparpotenzial von einem Prozent müsste bei einem 22-Milliarden-Etat jedoch machbar sein, sagte Nußbaum. Ohne diesen Kurswechsel läge die Neuverschuldung 2020 bei über 80 Milliarden Euro, jetzt könne sie bei 74 Milliarden Euro "stabilisiert" werden.

Mit dieser Neuausrichtung werde ein Senatsbeschluss vom März 2009 aufgehoben, sagte Nußbaum. Sie sei eine «deutliche Abkehr» von der damaligen Planung. Einen Fehler wollte er Sarrazin jedoch nicht unterstellen. "Wir richten keine Kritik nach hinten, sondern wir
schauen nach vorn", sagte er. Der Senat sei im Frühjahr für 2009 von einem 800-Millionen-Euro-Überschuss ausgegangen. Jetzt werde mit einem Defizit von 1,6 Milliarden Euro gerechnet. "Wir müssen uns den neuen Rahmenbedingungen stellen", betonte der Senator. Der Beschluss sei einstimmig gefallen.

Die Linkspartei zeigte sich aber skeptisch. "Wir haben uns Reformen nie verweigert und wollen uns auch jetzt nicht von der Haushaltskonsolidierung verabschieden", sagte Fraktionschefin Carola Bluhm. Allerdings stehe man in der Verantwortung für die soziale Infrastruktur der Stadt. Beides sei "eine große Herausforderung". Der Senat erwarte, dass der Bund auf weitere Steuersenkungen verzichtet und die Einnahmesituation der Länder verbessert, sagte Bluhm. Landeschef Klaus Lederer räumte ein, dass die Nachhaltigkeit der Planung "schwer vorhersagbar" sei. Auch für Nußbaum steht sie unter dem Vorbehalt der Entwicklung bei den Einnahmen.

CDU-Haushaltsexperte Uwe Goetze warf Rot-Rot vor, sich um nötige Sparmaßnahmen herumgedrückt zu haben. Die Koalition vertage die strukturellen Einsparungen auf die Zeit nach der Abgeordnetenhauswahl 2011, kritisierte auch FDP-Fraktionschef Christoph Meyer. Diese Politik sei "verantwortungslos und dilettantisch". (ddp)

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