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Berlin: Heißer Streit um kalte Klassenzimmer

Schulen beklagen sich über zu niedrige Temperaturen, seit Heizungsanlagen privat betrieben werden. Senat verteidigt Einsparungen

Berlin spart, die Kinder frieren: Die Beschwerden über unzureichend geheizte Schulräume reißen nicht ab. Jetzt haben sich zwei Weddinger Grundschulen an ihre Volksbildungsstadträtin gewandt, damit sie sich für höhere Temperaturen stark macht. Auch Charlottenburger Eltern, Lehrer und Schüler berichten über kühle Klassenräume sowie kalte Turnhallen, Flure und Toiletten. Dennoch halten Bezirke und Senat am rigiden Energiekonzept fest, da es enorme Kosteneinsparungen erbracht hat und der Umwelt dient: Der Energieverbrauch konnte um 27 Prozent gesenkt werden, seitdem nicht mehr die Bezirksverwaltungen, sondern so genannte Energiesparpartner die Heizungen kontrollieren, berichtet Klaus Kist, Referent für Energiemanagement in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Beschwerden über kühle Klassenzimmer hält er für übertrieben. Zudem bedauert er es, dass sich einzelne Bezirke weigern, Energiesparpartnerschaften einzugehen: Wer etwas ausschließe, ohne es geprüft zu haben, sei „töricht“, schimpft Kist.

Die gescholtenen Bezirke fühlen sich allerdings völlig im Recht: „Unsere Kinder frieren nicht, weil wir ein gutes Konzept haben“, berichtet selbstbewusst Franz-Wilhelm Garske, Hochbauamtsleiter von Tempelhof-Schöneberg. So habe sein Bezirk 2004 rund 255 000 Euro in Energiesparmaßnahmen investiert und allein 2005 rund 65 000 Euro gespart, die wieder für weitere Energieeinsparung ausgegeben werden. Dabei sei es gar nicht nötig, die Turnhallen nur mit 15 Grad zu heizen. „Unsere Hallen sind 18 Grad warm, denn diese Temperatur entspricht den Gewohnheiten“, sagt Garske. Stolz ist er auf sein „Havariemanagement“, bei dem er schon Stunden vorher erkennen kann, wo sich ein Problem anbahnt, also etwa ein Kessel in einer Schule auszufallen droht.

Auch Neuköllns Baustadträtin Stefanie Vogelsang (CDU) ist davon überzeugt, dass die Bezirke ihr Energiemanagement verbessern können, ohne die Hilfe von externen Dienstleistern zu beanspruchen und ohne Schüler frieren zu lassen: „Man braucht ein Wohlfühlklima zum Lernen“, sagt sie. Dazu müsse es warm sein. Und sparen lasse sich dennoch: Um 200 000 Euro habe Neukölln die Energiekosten durch bessere Kessel und günstigere Verträge senken können.

Klaus Kist hält die höheren Temperaturen dennoch für unnötig. Den beiden Bezirken fehle es nur an Mut, die „Konflikte mit den Nutzern“ auszuhalten, sprich: mit den Eltern, die sich über die kalten Schulen beschweren.

In den Schulen sind die Ansichten geteilt. Während sich etwa im Charlottenburger Wald-Gymnasium Schüler über kühle Räume beschwerten, meinte die stellvertretende Schulleiterin Solveig Knobelsdorf, die Schüler seien vielleicht nicht warm genug angezogen. In der Weddinger Trift-Grundschule aber sind auch die Pädagogen überzeugt, dass es zu kalt ist: „Wir haben damit ein großes Problem“, sagt Lehrerin Ulrike Bruns. Jetzt hofft sie, dass sich etwas ändert, weil sich die Trift- und eine Nachbarschule beim Bezirksamt beschwert haben.

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