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Berlin: Hellersdorfer Grundschule mit ungewöhnlichem Unterrichtskonzept

Wer kippelt, muss anschließend auf dem Medizinball sitzen - so ist die Regel: Mindestens eine halbe Stunde lang heißt es dann eine gerade Haltung einnehmen und dabei die Wirbelsäule entlasten. "Das soll keineswegs eine Strafe sein", sagt Grundschullehrerin Kathrin Hartmann.

Wer kippelt, muss anschließend auf dem Medizinball sitzen - so ist die Regel: Mindestens eine halbe Stunde lang heißt es dann eine gerade Haltung einnehmen und dabei die Wirbelsäule entlasten. "Das soll keineswegs eine Strafe sein", sagt Grundschullehrerin Kathrin Hartmann. Denn wer kippelt, habe ein Bedürfnis nach Entspannung. An der "Grundschule am Hollerbusch" in der Erich-Kästner-Straße 64 ist deshalb jeder Klassenraum mit zwei solcher Sitzbällen ausgestattet.

Aber auch sonst folgt der Unterricht nicht den ausgetretenen Pfaden. Bei Schülern und Lehrern wird Bewegung ganz groß geschrieben. Und so ist es völlig normal, dass die Erstklässler im Unterricht plötzlich aufstehen, die Arme nach oben reißen und sich mit ganzer Kraft strecken. Aber schon nach wenigen Minuten widmen sich die Sechs- und Siebenjährigen wieder ihren Lernaufgaben. "Sie können sich nach diesen kurzen Streckpausen besser konzentrieren", hat die Lehrerin beobachtet. So geht es auch Mandy, Phill und Angelina. Als Frau Hartmann sie auffordert, die Stühle nach hinten zu rücken und die "Königsposition" einzunehmen, wissen die Kinder, was jetzt kommt: das Lied vom "Roten Pferd", das mit Händen und Füßen dargeboten wird. Während die Grundschüler die Armen kreisen lassen oder sich auf die Schenkel klatschen, sitzen sie kerzengerade auf den Stühlen - die "Königsposition". Keines der Kinder scheint das anzustrengen, im Gegenteil, gut gelaunt trällern die Kleinen ihre Melodie. "Mir macht alles Spaß", sagt Janice. Und ihrer Klassenkameradin Stephanie tut der Rücken auch schon nicht mehr weh.

"Dieser optimale Effekt ist natürlich nicht bei jedem Kind zu erzielen", ist sich Schulleiterin Karin Ronneberger sicher. Ziel der "rücken- und bewegungsfreundlichen Schule" sei es, den Kindern ein "Rückenbewusstsein" zu geben. Untersuchungen hatten ergeben, dass rund 50 Prozent aller Mädchen und Jungen schon bei Schulbeginn Haltungsschwächen aufweisen. Dies bewog Kinderärzte, Physiotherapeuten und Lehrer, die sich zur "GesundheitswerkSTADT Hellersdorf" zusammenschlossen, das Schulprojekt zu erarbeiten. An der Hollerbusch-Grundschule wird es inzwischen seit zwei Jahren praktiziert. Alle 30 Lehrer haben sich in der Zeit besondere Kenntnisse angeeignet, die nun den 430 Schülern vermittelt werden.

Auch das Fach Sport spielt eine besondere Rolle: So wurde eine Hitliste der "Krankmacher-Übungen" erstellt und unter anderem das früher kaum wegzudenkende Rumpfbeugen, eine Vielzahl von Dehnübungen und die "Schubkarre" aus dem Unterricht verbannt. "Alles was die Wirbelsäule überdehnt und somit die Bandscheiben quetscht, findet bei uns nicht mehr statt", sagt Karin Ronneberger.Im nächsten Jahr soll der Schule, die das Projekt bislang im Bezirk am intensivsten betreibt, von der GesundheitswerkSTADT das Prädikat "Rücken- und bewegungsfreundliche Schule" verliehen werden. Am Gebäude selbst und dem Schulstempel wird dieser Titel dann davon künden.

bey

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