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Ein toter Junge wird von einem türkischen Polizisten weggetragen.

© AFP

Update

Hetze gegen ertrunkenen Flüchtling: Berliner verliert Job wegen Facebook-Posting

"Wir trauern nicht sondern wir feiern es", kommentierte Benjamin Sch. den Tod des dreijährigen Aylan. Sein Arbeitgeber möchte ihn nun nicht mehr beschäftigen.

Der Berliner Benjamin Sch., der auf der Social Media-Plattform Facebook den ertrunkenen dreijährigen Flüchtling Aylan Kurdi verhöhnt hatte, hat wegen seiner rassistischen Postings seinen Job verloren. Der 26-Jährige war bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt, die für ein Berliner Logistikunternehmen Aufträge des Hamburger Zustelldienstes Hermes ausführte. Auf dem Bild zu einem Online-Artikel der "Bild"-Zeitung war Benjamin Sch. in Arbeitskleidung von Hermes zu sehen.

Wie Unternehmenssprecher Martin Frommhold dem Tagesspiegel auf Anfrage bestätigte, sei Benjamin Sch. inzwischen nicht mehr für das Unternehmen, das mit Hermes zusammenarbeitet, tätig. Als man bei Hermes das Foto, das den Berliner in Unternehmenskluft zeigt, gesehen habe, habe man intensive Recherchen angestellt, um herauszufinden, an welcher Stelle und in welchem Arbeitsverhältnis der 26-Jährige für den Logistikriesen eingesetzt sei.

Frommhold stellte klar, dass Benjamin Sch. Angestellter einer Berliner Zeitarbeitsfirma gewesen sei, die mit einem Logistik-Partner von Hermes in Berlin zusammenarbeite, wenn dieser temporäre Arbeitskräfte benötige. Auf diesem Wege wurde Sch. "auch auf Fahrzeugen eingesetzt, die die Firma zur Abarbeitung von Hermes-Aufträgen nutzt". Nachdem Hermes den Betrieb über die Hintergründe von Benjamin Sch. informiert habe, habe dieser der Zeitarbeitsfirma mitgeteilt, den 26-Jährigen nicht mehr einsetzen zu wollen. Unter Kenntnis der Hintergründe habe auch die Zeitarbeitsfirma entschieden, die Zusammenarbeit mit ihrem Angestellten zu beenden.

Der Hermes-Sprecher betonte weiterhin die Verantwortung, die das Unternehmen für die eigenen Mitarbeiter trage. "Schon deshalb mussten wir recherchieren, ob wir da weiter mit drinstecken", sagte er. Hermes beschäftige "weltweit 12.000 Mitarbeiter mit 60 verschiedenen Nationalitäten" und habe auch einen Verhaltenskodex, der klarstelle, "dass wir keine rasstistischen oder menschenverachtenden Äußerungen dulden". In einem Beitrag auf dem unternehmenseigenen Blog heißt es dazu: "Dieser ist gleichermaßen verbindlich für unsere eigenen Mitarbeiter wie auch Angestellte von Kooperationspartnern formuliert."

In seinem Facebook-Beitrag hatte Sch. über den Tod des dreijährigen Jungen aus Syrien, der in einem türkischen Badeort angespült worden war, geschrieben: "Wir trauern nicht sondern wir feiern es!", Hermes distanzierte sich in dem Blogeintrag deutlich von diesen Äußerungen: "Leider ist offensichtlich nicht jeder in der Lage, Mitgefühl zu empfinden. Im Gegenteil nahmen manche Zeitgenossen die traurige Nachricht sogar zum Anlass, zynische Postings abzusetzen."

Auch Polizei und Justiz wurden nach Sch.s verhöhnenden und rassistischen Äußerungen auf Facebook auf den Berliner aufmerksam. Bei einer Durchsuchung seiner Wohnung beschlagnahmten Beamte einen Computer sowie zwei Mobiltelefone. Die Ermittlungen gegen ihn dauern an.

Hetz-Postings in sozialen Medien sind übrigens in jedem Fall einzuordnen wie eine Botschaft am Schwarzen Brett und damit ein Kündigungsgrund, hat der Tagesspiegel diese Woche von einer Arbeitsrechtlerin erfahren. Lesen Sie hier das Interview.

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