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Berlin: Hier tagt die Welt nur selten

Andere Metropolen ziehen mehr internationale Konferenzen an als Berlin. Besonders mager sieht es bei der Politik aus

Demnächst steht Afghanistan im Zentrum des politischen Lebens in Berlin. Auf Einladung von Bundesaußenminister Joschka Fischer kommen 60 internationale Delegationen unter Leitung der jeweiligen Außenminister in die Stadt, um die Weichen für die politische und finanzielle Zukunft des Landes zu stellen. Auch der afghanische Präsident Hamid Karsai wird an der Konferenz teilnehmen, die wie viele Veranstaltungen dieser Art im Hotel Intercontinental abgehalten wird. Für das Auswärtige Amt ist die Afghanistan-Konferenz eines der wichtigsten internationalen politischen Ereignisse, die in diesem Jahr in Berlin stattfinden.

Nur knapp einen Monat später, am 24. und 25. April, steht eine weitere bedeutende Tagung an: die Konferenz der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) gegen Antisemitismus, die ebenfalls hochrangig besetzt ist und von Bundespräsident Johannes Rau in den Räumen des Auswärtigen Amtes eröffnet wird. Diese beiden Veranstaltungen sind bisher die wichtigsten internationalen Konferenzen in Berlin, die in diesem Jahr auf dem Terminkalender des Auswärtigen Amtes stehen.

Erst unlängst hatte der Präsident des Berliner Hotel- und Gaststättenverbandes und Direktor des Hotels Adlon, Jean van Daalen, beklagt, in Berlin fänden zu wenig große politische Konferenzen statt. Dies sei für die Hauptstadt eines großen europäischen Landes äußerst seltsam. Im Auswärtigen Amt wollte man diese Einschätzung nicht teilen. Man könne nicht sagen, ob es in anderen europäischen Metropolen mehr hochrangige Veranstaltungen gibt. Denkbar sei jedoch, dass beispielsweise in Städten wie Paris, Wien, Genf oder Rom, in denen Organisationen der Vereinten Nationen beheimatet sind, öfter UN-Konferenzen stattfinden, sagte eine Sprecherin. Auch Brüssel als Sitz der Europäischen Union könne eventuell öfter Gastgeber derartiger Tagungen sein. Für einen Protokollexperten im Roten Rathaus hingegen liegt es auf der Hand, dass Berlin mit seinen gerade mal fünf Jahren Hauptstadterfahrung es weitaus schwerer hat als altgediente Hauptstädte wie London oder Paris.

Dem Auswärtigen Amt und der Bundesregierung sei es wichtig, wenn wichtige politische Treffen wie die Afghanistan-Konferenz in Berlin oder auch in anderen deutschen Städten stattfinden, sagte die Ministeriumssprecherin. Die ersten beiden Afghanistan-Konferenzen im Jahr 2001 und 2002 beispielsweise hatten noch auf dem Petersberg bei Bonn stattgefunden.

Seit dem Umzug des Parlaments und der Bundesregierung nach Berlin im Jahr 1999 war die Stadt mehrfach Gastgeber von großen politischen Veranstaltungen. Eine der größten war 2000 die Weltstädtekonferenz „Urban 21“, die von UN-Generalsekretär Kofi Annan eröffnet wurde und an der internationale Politiker, Weltbankvertreter und Wissenschaftler teilnahmen. Im selben Jahr hatten sich 14 Staats- und Regierungschef, darunter der damalige US-Präsident Bill Clinton, zur Strategietagung „Modernes Regieren im 21. Jahrhundert“ in Berlin getroffen. Im vergangenen Jahr lud dann Agrarministerin Renate Künast zu einer Konferenz der Internationalen Walfang-Kommission.

Nur vereinzelt tritt der Senat als Veranstalter von politischen Großereignissen auf: beispielsweise 1996, als der Verband der Hauptstädte der Europäischen Union seine Generalversammlung in Berlin abhielt, oder zwei Jahr zuvor, als die Stadtoberhäupter der Weltmetropolen zu einer Gipfelkonferenz zusammenkamen. Bei wirtschaftlichen Kongressen und Konferenzen liegt Berlin im Vergleich zu den anderen deutschen Großstädten weit vorne. Aber auch im internationalen Wettbewerb schneidet Berlin nach Angaben von Heike Mahmoud, Leiterin der Kongress-Abteilung der Berlin Tourismus Marketing, nicht schlecht ab. In einem Ranking der Kongress-Städte liege Berlin weltweit auf dem elften Platz. Angeführt wird diese Bewertung von Barcelona, gefolgt von Kopenhagen und Stockholm.

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