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Berlin: „Hilfe, holt mich hier raus!“

Frau Meseli wohnt seit drei Jahren in der Bachstraße – neben der Wohnung, in der das Feuer ausbrach

Vom Feuer völlig zerstört wurde zwar nur eine Wohnung, doch vorübergehend unbewohnbar sind auch die umliegenden. Die Polizei sucht in der dritten Etage nach Spuren, die zur Brandursache führen – so lange dürfen die Mieter nicht ihre Appartements. Davon betroffen ist auch Gülseren Meseli. Die 64-Jährige lebt seit drei Jahren in einem der Appartements des Seniorenwohnhauses in der Bachstraße, in dem es am Sonntag gebrannt hatte. Nur die leer stehende Wohnung nebenan trennte die Frau von der von Heinrich G., in der das Feuer ausgebrochen war. Der 81-Jährige kam in den Flammen ums Leben.

Gülseren Meseli ist noch einmal zur Bachstraße gekommen. Sie will ein paar Sachen aus ihrer Wohnung holen. Sie wohnt jetzt erst mal bei ihrer Tochter Canan Gömec. Die kann das Ganze immer noch nicht fassen. Wieder und wieder sieht die 35-Jährige die Bilder vom Sonntag vor sich: ihre Mutter, die von Rauch umhüllt auf ihrem Balkon im Seniorenwohnheim steht und „Hilfe, holt mich hier raus!“ ruft. „Wir sind sofort losgefahren, nachdem meine Mutter angerufen hat, dass es neben ihr brennt“, sagt die Tochter. Weil der Rauch so dicht war, sei es ihrer Mutter nicht möglich gewesen, aus der Wohnungstür hinaus über den Flur nach draußen zu flüchten.Die Feuerwehrleute haben ihre Appartementtür aufgetreten und sie mit einer Fluchthaube, einer Maske, mit der man Menschen kurzzeitig mit Sauerstoff versorgen kann, gerettet.

Canan Gömec kneift die Augen zu, als sie in Begleitung eines Kripo-Beamten den Flur in der dritten Etage betritt: Jetzt darf sie die Sachen holen, um die ihre Mutter sie gebeten hat. Die Tochter geht vorbei an der Wohnung des toten Rentners G. Innen ist alles schwarz. Die Kripo stochert im Brandschutt. Im ganzen Gebäude hat sich ein beißender Geruch ausgebreitet, der das Atmen schwer macht. Auch ohne Polizeiabsperrung könnte hier keiner wohnen.

Draußen haben sich Bewohner versammelt. Sie spekulieren über die Brandursache: Die Vermutungen reichen von der kaputten Heizdecke bis hin zum implodierten Fernseher. Gülseren Meseli versteht nicht, warum ihr Nachbar G. „so ganz alleine“ in dem Seniorenwohnhaus leben durfte. „Eigentlich ist das hier für Leute gedacht, die sich ganz und gar selbst versorgen können“, sagt Frau Meseli. Heinrich G. sei aber etwas durcheinander und auf eine Tages-Pflegerin angewiesen gewesen. Zudem habe er in einer völlig „zugemüllten“ Wohnung gelebt. Eine Bewohnerin sagt, dass an den meisten Brandschutztüren „Strippen befestigt waren, damit sie offen bleiben“. Es sei doch verständlich, dass die meist schwachen Menschen oder Rollstuhlfahrer Probleme hätten, die schweren Türen aufzudrücken.

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