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HIV: Wenn positiv negativ ist

Der Aids-Erreger überlebt nicht an der Luft – doch ist er einmal im Körper, bleibt er für immer. Der Krankheitsausbruch lässt sich aber lange verhindern.

Wie wird das HI-Virus übertragen?

Der Aidserreger HIV (Humanes Immundefizienz-Virus) wird nur übertragen, wenn es in ausreichender Menge in die Blutbahn oder auf die Schleimhäute gelangt. Eine Ansteckung ist folglich über Blut, Sperma, Scheidensekret und Muttermilch möglich. Generell können kleinste, unsichtbare Hautirritationen beim Sex für eine Übertragung ausreichen. Die Risiken sind ungleich verteilt: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich durch eine bestimmte Virenmenge im Sperma eines Mannes eine Frau ansteckt, ist viermal höher, als dass die gleiche Menge im Scheidensekret einer Frau einen Mann infiziert. Ein enormes Risiko hat, wer infizierte Spritzen eines HIV-Positiven benutzt. Bei normalem Körperkontakt gebe es keine Infektionsgefahr, da unverletzte Haut ausreichend schütze, sagt Christoph Schuler von der HIV-Schwerpunkt-Praxisgemeinschaft in der Tiergartener Turmstraße. Außerhalb menschlicher Körper überlebe das Virus nicht lange. Schwimmbäder etwa sind sicher.

Wann kann man HIV nachweisen?

Nach einer Ansteckung beginnt der Körper, sich gegen den Eindringling zu wehren. Der Organismus bildet Antikörper, er braucht dafür aber länger als einen Monat. Da ein HIV-Test im Blut diese Antikörper nachweist, zeigt sich erst Wochen oder Monate nach einer Risikosituation, ob eine Infektion stattgefunden hat. Werden HIV-Antikörper gefunden, ist das Testergebnis positiv. Für einen Test in den Berliner Arztpraxen bezahlt der Patient 20 Euro. Wem die Wartezeit auf das Ergebnis von einer Woche zu lange ist, der kann einen Schnelltest machen lassen: Das Resultat liegt nach 30 Minuten vor. Allerdings ist er nicht ganz so sicher. Bei Gesundheitsämtern und Selbsthilfegruppen können HIV-Tests anonym durchgeführt werden. Im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge ist ein Test kostenlos. Ohne persönliche Einwilligung ist ein HIV-Test nicht erlaubt. Außerdem sollte ein Test mit einer Beratung verbunden sein, in der vorweg die individuellen Auswirkungen eines positiven Ergebnisses besprochen werden. „Ich frage jeden Patienten vor einem Test: Was würde ein positives Ergebnis denn für Sie bedeuten“, sagt Schuler. Im Zweifelsfall rate er, sich mit Vertrauten vorab zu besprechen. Schuler erklärt auch den Ablauf einer Therapie.

Wie verläuft die Infektion?

Das HI-Virus vermehrt sich in den ersten Wochen oft explosionsartig. Frühe Anzeichen ähneln einer Grippe. Die Viruslast kann auf mehrere Millionen Viren pro Milliliter Blut steigen. Das bedeutet, gerade im frühen Stadium kann ein Sexualpartner von einem Infizierten besonders leicht angesteckt werden. Später werden vor allem die sogenannten T-Helferzellen zerstört – gerade diese sind für das menschliche Immunsystem wesentlich, weil sie Erreger direkt angreifen sollen. Den HI-Viren aber dienen sie ausgerechnet als Wirtszellen, wobei beim Eindringen der Viren die Membran der Zellen zerstört wird. Hinzu kommt, dass das Immunsystems befallene T-Helferzellen ausschaltet, also einen Teil von sich selbst zerstört. HIV-Erreger sind in der Lage, ihren genetischen Code in das Erbgut des Wirtskörpers einzubauen. Deshalb verschwindet das Virus nie vollständig. Nach ein paar Wochen gewinnt das Immunsystem über die Eindringlinge zwar die Oberhand, die Viruslast sinkt und es beginnt eine mitunter jahrelange Phase ohne spürbare Symptome. Aber auch wenn sich die infizierte Person gesund fühlt – langfristig leiden die T-Helferzellen. Deshalb müssen Betroffene rechtzeitig mit antiretroviralen Medikamenten behandelt werden.

Was ist bei der Behandlung zu beachten?

Der Erfolg einer Therapie, also das Zurückdrängen der Viren, hängt entscheidend von der Disziplin des Patienten ab. Eine zu unregelmäßige Medikamenteneinnahme und willkürliche Therapiepausen fördern die Resistenzentwicklung des Virus: Er passt sich der Therapie an. Insbesondere zwei Laborwerte, das Absinken der T-Helferzellen-Anzahl und der Anstieg der Viruslast, zeigen eine beginnende Immunschwäche an. Trotz Behandlung drohen permanent „opportunistische Infektionen“, also eigentlich harmlose und normalerweise leicht bekämpfbare Krankheitserreger, gegen die sich das schwache Immunsystem nicht mehr wehren kann. Aids droht.

Was ist Aids?

Als aidskrank wird ein HIV-Infizierter bezeichnet, wenn „opportunistische Infektionen“ chronisch auftreten. Bakterien, Pilze und Viren breiten sich aus, weil die Abwehrkräfte geschwächt sind. Vor allem mitunter tödliche Lungenentzündungen gehören dazu.

Was ist eine PEP?

Bei einem Risikokontakt, etwa ungeschütztem Sex mit einem HIV-Positiven, wird eine postexpositionelle Prophylaxe (PEP) empfohlen. Die besten Ergebnisse sind bei einer Anwendung binnen zweier Stunden zu erwarten. In jedem Falle sollten Spezialisten befragt werden, ob eine solche Vorbeugung sinnvoll ist. Die PEP-Therapie besteht aus einer Kombination dreier Medikamente und dauert einen Monat. Wegen der starken Präparate – die Viren sollen getötet werden, bevor sie Wirtszellen befallen – sind Nebenwirkungen wie Übelkeit und Durchfall wahrscheinlich. Im Falle ungeschützten Geschlechtsverkehrs mit einer HIV-positiven Person wird die Behandlung nicht unbedingt von Krankenkassen übernommen. „Bisher gibt es wenig Erfahrungen mit dieser Prophylaxe“, heißt es etwa von der Krankenkasse Knappschaft. Außerdem bestünde ein Restrisiko von 20 Prozent, sich trotz PEP zu infizieren. Da den Versicherungen im Falle einer Infektion aber höhere Kosten entstehen, sind viele Kassen kulant. Die Prophylaxe kostet bis zu 1400 Euro.Hannes Heine

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