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Berlin: Hohenschönhausen: Mies van der Rohe hätte seine Freude daran

Auf den ersten Blick scheint der Backsteinbau an der Oberseestraße 60 nichts besonderes zu sein. Ein Haus in einem Siedlungsgebiet eben.

Auf den ersten Blick scheint der Backsteinbau an der Oberseestraße 60 nichts besonderes zu sein. Ein Haus in einem Siedlungsgebiet eben. Doch das eingeschossige Gebäude mit dem flachen Dach ist das letzte Wohnhaus, das der Architekt Ludwig Mies van der Rohe in Deutschland baute, bevor er in die USA auswanderte. Seit etwa acht Monaten wird der Bau saniert und in den Zustand von 1933 zurückversetzt, was sich der Bezirk zwei Millionen Mark kosten lässt. Damals wurde es gerade fertiggestellt, und Besitzer Karl Lemke zog ein, dem eine grafische Kunstanstalt gehörte, sagte Baustadtrat Andreas Geisel (SPD).

Fast anderthalb Jahre dauerten die Vorbereitungen für das Projekt. Anhand der wiederentdeckten Originalpläne wurde der Ursprungszustand rekonstruiert. Nachträgliche Ein- und Umbauten - nach dem Krieg saßen hier erst die Sowjets, dann die Stasi - verschwanden. Die Handwerker sind gerade dabei, ein kleines Fenster zuzumauern, das nachträglich in die Fassade gestemmt wurde. Dafür verwenden sie bräunliche Backsteine, die eine märkische Keramikmanufaktur nach historischen Methoden von Hand hergestelle. Ungefähr 4000 dieser Ziegel sind für die Arbeiten eingeplant. Nur etwa ein Viertel der alten konnten wiederverwendet werden.

Besonders aufwendig gestaltet sich die Rekonstruktion der großflächigen Fensterfront, die aus einer Stahl-Konstruktion besteht. Planungsleiterin und Architektion Simone Faust bezeichnet diese breiten, gegliederten Glasfronten auf der Gartenseite als das Herzstück des Wohnhauses. Sie bringen die unverwechselbare Handschrift von Mies van der Rohe zum Ausdruck, weil sie eine ungewöhnliche Transparenz ermöglichen und Außen- und Innenraum ineinander übergehen.

In den kommenden Monaten sollen auch alle Türen wieder ihre originale Raumhöhe von 2 Meter 80 Meter erhalten. Voraussichtlich Mitte Oktober ist die Sanierung abgeschlossen. Das soll nach Vorstellungen des Bezirks ein lebendiges Denkmal sein. Bevor wieder Künstler die Räume für Ausstellungen nutzen, werden historische Fotos desWohngebäudes gezeigt. Die ehemalige Küche dient dann als Verkaufsraum. Möbel von einst gibt es in der Oberseestraße aber nicht zu sehen, sie stehen größtenteils in Museen.

Auch der 2700 Quadratmeter große Garten wird gerade nach Originalplänen des Landschaftsarchitekten Karl Foerster hergerichtet. Allerdings sollen diese Arbeiten erst 2002 beendet sein. Baustadtrat Geisel will mit dem architektonischen Kleinod auch international für Hohenschönhausen werben. Bereits jetzt steht fest, dass es anlässlich des Weltarchitekturkongresses im kommenden Jahr im Mies-van-der-Rohe-Haus einen Empfang geben wird.

Seit 1992 konnten an der Oberseestraße 40 Ausstellungen besichtigt werden, die monatlich bis zu 600 Besucher in das kleine Gebäude lockten.

bey

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