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Über dem Pflaster gibt es Streit. Hostels wie das A&O in der Köpenicker Straße in Mitte sind bei Touristen beliebter als bei Anwohnern.

© Mike Wolff

Initiative des Netzwerks "Service in the City": Holzauge, rette die Stadt!

Mit zum Beispiel hölzernen Glubschaugen soll Berlin ein schönerer Ort werden. Wie am "Runden Tisch Tourismus" Behörden, Akteure und Anwohner miteinander reden - ein Ausflug.

Die hölzernen Glupschaugen, rollende schwarze Iris auf weißem Augapfel, lassen sich überall, wo der ramponierte öffentliche Raum mehr Pflege verträgt, aufmunternd drapieren. Sie glotzen aus dem Mikro-Puschel eines Reporters heraus, der für die Aktion „AugenAufBerlin“ ein Youtube-Video dreht.

Sie schauen uns aus niedlichen Wuschel-Monstern an, die als Sympathieträger für die Initiative des Netzwerks „Service in the City“ werben, mahnend blicken sie dem Bürger von Bannern und T-Shirts ins Gesicht. „Service in the City“ ist ein Joint Venture von Senatsverwaltung, Gastgewerbe, BSR, BVG, Flughafen, IHK und den GmbHs für Wirtschaft, Technologie und Tourismus. Eigentlich müsste ihre Kampagne „Holzauge, sei wachsam!“ heißen. Bei der Konferenz „Runder Tisch Tourismus“, die sich am Montag im Saal des Rathauses Mitte versammelt hatte, kommt diese Mitmach-Aktion per Power-Point in aller Niedlichkeit gut an.

Es passiert was, signalisieren die Folien, jeder Einzelne ist gefragt. 35 Teilnehmer sind gekommen, mehr als zur ersten Sitzung des Runden Tisches im Dezember. Neben der stark repräsentierten Senatsverwaltung sind unter anderem Clubkultur und Velo-Taxis vertreten, sowie Kreuzberger Anwohner von Adalbert- und Köpenicker Straße (die teils bayerisch, teils mit englischem Akzent sprechen), Polizeiwachen und das LKA, ein den Alex betreuender (schwäbelnder) Unternehmensberater, die BSR, Bezirkspolitiker, DDR-Museum, Chamäleon-Varieté und Opernpalais. Berlin füllt sich, das Thema scheint virulent, der Drang zur Aus- und Mitsprache groß.

Ist ein Tourismuskonzept notwendig?

Dennoch sprudeln Fragen und Statements von der Basis erst gegen Ende der Zweistunden-Sitzung. Müssen alle Busse das Zentrum anfahren? Wer hat an der Köpenicker Straße das 1600-Betten-Hostel genehmigt, wo es da kaum Grünanlagen gibt? Es gehe nicht um Pauschalklage gegen Touris, sondern gegen die Freizeitindustrie! Man begegne Ordnungskräften nicht angemessen! Die Wirtschaft wird gehört, Anwohner wollen nicht nur Kulisse sein, Behörden schaffen es nicht, Regelverstöße zu ahnden! Allerdings, heißt es von Senatsseite, kommen 60 Prozent der Leute, die in den Kiezen auffallen, aus Berlin und Umland. Gut, meint eine Anwohnerin: Sagen wir „Besucher“ statt „Touristen“. Braucht Mitte ein Tourismuskonzept? Wird das Regionalmanagement für all diese Sachen zuständig sein?

Holzglupscher von „AugenAufBerlin“ rufen den Bürger zur Pflege-Aktion.
Holzglupscher von „AugenAufBerlin“ rufen den Bürger zur Pflege-Aktion.

©  Visit Berlin

Das Zauberwort Regionalmanagement (RM) steht seit dem Impulsreferat der Gastgeber als Verheißung über den Fragezeichen der Anwesenden. Gemeint ist damit kein Gremium, das Bauten beeinflusst wie den Neun-Hochhäuser-Plan des Workshops Alexanderplatz 2015, betont Beate Brüning von der Wirtschaftsförderung Mitte. Das RM soll die Entwicklung der Stadträume steuern, mit Aktivitäten füllen. Auf mittlerer Ebene kooperieren Entscheider in drei Segmenten: dem Kultur-Management (aus Senatskulturverwaltung, Bezirken, Freien Trägern), dem Sozialen Platzmanagement (aus Bezirken, sozialen Trägern, Kirchen) und City-Management ( IG Alex, Einzelhandel).

Sicherheit und Sauberkeit gehen zusammen

Aus allen drei Bereichen finden sich in der obersten Ebene Vertreter zum Lenkungsbeirat zusammen. Auf der Ebene unten agieren Protagonisten vor Ort. Bis zum Sommer soll ein Konzept für dieses strukturelle Instrument stehen. Fragen aus der Runde sind dazu schon da: Welche Kompetenz bekommt das RM? Könnte es Leitlinien für den Umgang mit Bauzäunen entwerfen? Den Runden Tisch Köpenicker Straße anstupsen, der seit drei Jahren stagniert?

Dass so ein RM kaum alle Probleme des Runden Tisches wuppen dürfte, zeigt sich schnell. Sicherheit und Sauberkeit gehen zusammen, da stimmen alle zu: Auch die Polizei soll im RM-Beirat präsent sein. Und wer schützt das Kleingewerbe? Manche Maßnahmen dauern, sagt Stadtrat Carsten Spallek: Das neue Spielhallen-Gesetz zum Beispiel werde erst Ende 2016 seine volle Wirkung zeigen. Gerhard Buchholz von VisitBerlin wiederum schwärmt von dem Londoner Wegeleitsystem, das in Berlin, wo man auf diesem Feld noch rumimprovisiert, zwölf Millionen kosten würde. „Für den großen Wurf ist bei uns das Geld halt nie dagewesen.“

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