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Berlin: Hundeverordnung: Leinenzwang für alle Rassen ist kein Problem (Interview)

Gabriele Schöttler ist seit Dezember 1999 Senatorin für Arbeit , Soziales und Frauen.Acht Wochen nach Erlass der Hundeverordnung scheint es, als gingen die Hundebesitzer damit wieder lockerer um.

Gabriele Schöttler ist seit Dezember 1999 Senatorin für Arbeit , Soziales und Frauen.

Acht Wochen nach Erlass der Hundeverordnung scheint es, als gingen die Hundebesitzer damit wieder lockerer um. Es gab erneut Bisse durch Kampfhunde und zunehmend werden Kampfhunde ohne Maulkorb und Leine gesichtet. Die Polizei hat gleichzeitig die Interventionsteams, die auf die Einhaltung der Hundeverordnung achten sollen, von acht auf zwei gekürzt.

Die Interventionsteams sind nur für Spezialeinsätze erforderlich. Die Bezirke kontrollieren laufend und auch die berittene Polizei und die Streifenpolizisten achten auf die Hunde. Ein Nebeneffekt der verstärkten Kontrollen: Im ersten Halbjahr sind siebentausend Hunde bei den Steuerbehörden angemeldet worden. Die meisten folgen der neuen Verordnung. Wer dies nicht tut, wird zu den wenigen gehören, die auch nicht in der Lage sind, ein solches Tier zu halten.

Bis zum 31. August mussten Kampfhunde angemeldet werden. Wird nun verstärkt geprüft?

Bis Ende August wurden 2900 sogenannte Kampfhunde angemeldet. Wir haben festgestellt, dass es sehr viel weniger Kampfhunde in der Stadt gibt, als wir vermutet hatten. Es wird weiter kontrolliert werden. Mein Appell an alle, die es betrifft: umgehend anmelden und die Verordnung einhalten. Uneinsichtige müssen mit Ordnungsstrafen rechnen.

Wo verschärft das Hundegesetz die Hundeverordnung?

Das Gesetz verschärft die Hundeverordnung in einigen Punkten und schreibt Grundlagen fest. Wir werden ein Haltungs- und Zuchtverbot für bestimmte Hunderassen haben und bei der Anmeldung neuer Kampfhunde muss ein berechtigtes Interesse nachgewiesen werden. Ich glaube, niemand in Berlin kann nachweisen, warum er ausgerechnet einen solchen Hund halten will.

Was meinen Sie: In wieviel Jahren ist Berlin kampfhundefrei?

Bei der durchschnittlichen Lebenserwartung von Kampfhunden in etwa zehn Jahren.

Im Hundegesetz ist keine Haftpflichtversicherung für vorhandene Kampfhunde vorgesehen.

Wir haben darauf verzichtet, weil wir präventiv heran gehen. Die Haftpflichtversicherung wird doch erst dann wichtig, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Wir wollen aber nicht, dass das Kind in den Brunnen fällt - deshalb Maulkorb und Leine. Unabhängig davon empfehle ich jedem, der einen Hund hält, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen.

Künftig soll Leinenpflicht für alle Hunde gelten - auch für den Dackel. Damit werden Kampfhundbesitzer und alte Omas mit Schoßhund in einen Topf geworfen.

Ich glaube nicht, das der Leinenzwang ein Problem sein wird. Mein Dackel läuft seit 16 Jahren in der Stadt an der Leine. Die berühmte Oma mit dem Spitz hat ihren Hund an der Leine - damit dem Spitz nichts passiert. Der Leinenzwang ist zum Schutz der Menschen da, aber auch zum Schutz der Tiere. Auch mit Leinenzwang ist eine artgerechte Haltung möglich. Schließlich kann der Hund in Auslaufgebieten - deren Zahl erhöht werden soll - oder auf dem Gelände von Hundevereinen oder in privaten Gärten ohne Leine herumlaufen. Übrigens sind bei einer Leinenpflicht auch diejenigen leichter auszumachen, die den Hundedreck zu beseitigen haben.

Wird auch da künftig stärker überwacht?

Zum Zusammenleben in einer großen Stadt gehört, Regeln einzuhalten. Dazu gehört auch, den Hundekot zu beseitigen. Das kann man aber aus rechtssystematischen Gründen nicht in einem Gesetz über den Umgang mit Hunden regeln und auch nicht allein mit ordnungsstaatlichen Mitteln durchsetzen.

Der innenpolitische Sprecher der CDU, Gewalt, plädiert bei zuziehenden Ausländern für das holländische Modell einer "Zwangsintegration". Sozialhilfe und Arbeitserlaubnis werden daran geknüpft, ob die Ausländer Sprachkenntnisse erwerben. Ist das ein richtiger Weg?

Wir haben in der Koalition teilweise unterschiedliche Ansätze. Ich halte nichts von einer solchen Zwangsintegration. Das bringt nichts. Unser Ansatz ist, Angebote zu machen und Unterstützung zu geben, wie Deutschkurse für Mütter und Kindern in Schulen und Kitas.

Sie sind dagegen, dass neue Zuwanderer in Berlin obligatorisch diese Kurse machen müssen?

Solche Sprachkurse sind ganz wichtig und wir geben auch alle Hilfestellung. Ich bin nur gegen diese Sanktionen und Drohungen. Was Herr Gewalt gemacht hat, war reiner Populismus.

weil Herr Gewalt den Ausländern die Schuld für eine mangelnde Integration gibt?

Richtig. Und seine Kritik erfolgte zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Wir diskutieren doch über Rechtsextremismus und die Ursachen. Zu sagen, hier seien so viele Menschen, die sich nicht integrieren wollen, ist falsch, weil es nicht stimmt. Wir sind auf einem guten Weg mit den Integrationsmodellen.

Aber es stimmt doch, dass bisherige Integrationsbemühungen vielfach erfolglos waren.

Früher ist mitunter die Ansicht vertreten worden, jeder solle sich hier in seiner Kultur so wiederfinden wie zu Hause. Das ist sicherlich nicht der richtige Weg. Man kapselt sich ab, auch die zweite Generation spricht nicht mehr deutsch. Da findet nicht Integration statt, sondern seperate Entwicklung. Wichtig ist aber das Miteinander.

Der Senat hat die Entscheidung über die Krankenhaus-GmbH im Juli zum wiederholten Male verschoben. Wann wird das Errichtungsgesetz für die GmbH verabschiedet?

Als ich dieses Amt im Dezember 1999 übernommen habe, hatten wir gerade im Bereich der städtischen Krankenhäuser eine dramatische Situation. Es ist seit Jahren bekannt, dass Berlin zu viele und zu teure Betten hat. Im Koalitionsvertrag haben wir beschlossen, die städtischen Häuser unter einem Dach zusammenzufassen und Betten linear und strukturell abzubauen. Die Grundsatzentscheidung für die Krankenhaus-GmbH als Einheitsunternehmen ist frühzeitig gefallen. Ich gehe davon aus, dass das Errichtungsgesetz so rechtzeitig vom Senat beschlossen wird, dass es am 14. September im Abgeordnetenhaus in die erste Lesung gehen kann.

Ist die Entscheidung für die GmbH vielleicht zu frühzeitig gefallen? Denn offenbar gibt es ja im Errichtungsgesetz noch einiges nachzubessern: So fürchten Personalvertreter den Ausstieg aus dem öffentlichen Tarif. Außerdem hat der Rat der Bürgermeister kürzlich diskutiert, ob nicht doch die Holding die bessere Organisationsform wäre.

Die Krankenhaus-GmbH wird das größte Krankenhausunternehmen Deutschlands. Klar, dass es vieles zu klären gibt. Aufgrund der Gesundheitspolitik der letzten Jahre schlägt uns viel Misstrauen entgegen. Aber gerade die Sicherung der Rechte der Beschäftigten beim Übergang in die Gesellschaft und der Beitritt des Unternehmens zur Beschäftigungssicherungsvereinbarung sind im Senat überhaupt kein Diskussionspunkt gewesen. Nur unter den Bedingungen sind die Mitarbeiter bereit, in die GmbH zu gehen. Die Kritik einiger im Rat der Bürgermeister am Einheitsunternehmen erfolgt aus bezirklicher Sicht. Ich aber muss die Stadt als Ganzes und die Zukunft der kommunalen Kliniken im Auge haben.

Startet die Gesellschaft mit dem bei den neun städtischen Krankenhäusern angelaufenen Schulden von 200 Millionen Mark?

In der GmbH werden die Einsparungen durch Synergieeffekte erheblich sein: Großeinkauf, Personaleinsparung. Zudem kann die Gesellschaft auch durch zusätzliche gesundheitlich-soziale Aufgaben Mittel erwirtschaften. Die GmbH wird ihre Grundstücke übertragen bekommen. Wir sind jetzt mit der Finanzverwaltung dabei, diese Grundstücke zu ermitteln. Es wird eine Eröffnungsbilanz geben, in die jedes Krankenhaus seine Aktiva und Passiva einbringt. Die 200 Millionen sollen in drei bis vier Jahren durch effizienteres Arbeiten abgetragen werden.

Muss die Gesellschaft auch den Personalüberhang von 4000 Stellen übernehmen?

4000 Stellen sind falsch. Nach Schätzung von Fachleuten liegt die Zahl bei 1700. Dabei gilt: Keine betriebsbedingten Kündigungen und die Beschäftigungssicherungsvereinbarung. Das schließt Personalentwicklung ein.

Sie verbuchen die Schließung des Krankenhauses Moabit bereits als Erfolg. Tatsächlich aber arbeitet das Haus weiter. Der Klageweg kann bis zu acht Jahren gehen. Der zukünftige Bezirk Mitte setzt sich für die Erhaltung ein. Haben Sie schon einmal daran gedacht, Moabit doch noch eine Chance zu geben?

Wissen Sie, ich finde in Berlin für jedes Krankenhaus Prominente, die sagen, und dieses ist ein ganz wichtiges. Wir haben aber in Mitte ein erhebliches Überangebot an Betten. Ich sage nicht, dass im Krankenhaus Moabit nicht gute Arbeit geleistet wird. Aber gute Arbeit ist nicht abhängig von einem Standort. Wir haben im Krankenhausplan vorgesehen, dass 408 Betten wegkommen, dass Hämatologie, Onkologie, Psychiatrie und Naturheilkunde mit den Beschäftigten an andere Krankenhäuser verlagert werden. Trotzdem akzeptieren wir, dass Moabit die rechtsstaatlichen Möglichkeiten ausschöpft.

Unterstützen Sie die Praxis der Krankenkassen, stationäre Aufenthalte im Krankenhaus Moabit und auch in der Charité generell zu befristen?

Es gibt keine generelle Befristungspraxis. Ich unterstütze, dass Patientinnen und Patienten die Versorgung bekommen, die sie brauchen, und zwar zu stabilen Beiträgen. Und ich unterstütze alles, was dazu führt, dass Berlin die Solidarität der Bundeskassen hat, die wir brauchen. Ich meine auch, dass es ein berechtigtes Interesse der Kassen im Namen ihrer Versicherten gibt, zu kontrollieren, ob die Leistungen, die erbracht werden, sinnvoll sind.

Vor der Sommerpause wurde Ihre Leistung als Senatorin von verschiedener Seite mit den schlechtesten Noten bewertet. Es hieß, sie seien mit dem Superresort überfordert. Tut ihnen die Kritik weh?

Ich bin eine Kämpfernatur und habe mir ein dickes Fell zugelegt. Ich kann mir an einigen Punkten vorstellen, dass man hätte noch weiter sein können, wenn man andere Ansprüche gehabt hätte, nämlich mit Augen zu und durch, egal, wie die Fetzen fliegen. Aber gerade im Krankenhausbereich haben wir uns die notwendige Zeit genommen für den Dialog mit allen Beteiligten.

Dem Bild ihres Wahlplakats - "Gabi" tritt "Ebi" mit spitzem Absatz auf den Fuß - sind sie bislang nicht gerecht geworden.

Ein starker Auftritt besteht doch nicht darin, dass man sich permant öffentlich streitet. Das Wahlkampfmotiv war ein Auftritt für soziale Gerechtigkeit. In meinem Ressort geht es um die Sicherung grundlegender Lebensbelange der Menschen im Sinne sozialer Gerechtigkeit.

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