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Berlin: „Ich bin nicht James Bond“

Eine Begegnung mit dem Schauspieler Daniel Craig nach der Premiere von „Casino Royale“

Wenn doch alle Untertanen Ihrer Majestät so verschwiegen wären. Immerhin, auf diesen einen kann sie sich verlassen. Denn hierin lässt Daniel Craig nicht mit sich verhandeln: Kein Sterbenswörtchen wird er von dem verraten, was die Queen zu ihm gesagt hat, vor gut einer Woche bei der „Casino Royale“-Premiere in London: „Das war ein Gespräch nur zwischen ihr und mir.“ Allenfalls die Pfefferminz-Pastillen, die Hofbedienstete vor der Begegnung der gesamten Filmcrew gereicht hatten, bestätigt er der kleinen Journalistenschar, die ihm an diesem Mittwochvormittag in einer Suite des Ritz-Carlton erwartungsvoll gegenübersitzt. Doch das hatte ja vorhin schon Mads Mikkelsen, sein Gegenspieler im Film, bedenkenlos preisgegeben, kein Brite eben, der Krone nicht verpflichtet.

In Hufeisenform, so erzählt Craig dann doch, hatten sich alle erwartungsvoll aufgestellt, Studiochefs, Produzenten, Schauspieler und andere, umschwirrt von Security-Männern, die ständig in ihre Mikros wisperten, alle mit schwarzem Schlips, am Gürtel die obligatorische Pistole. Sogar einem James-Bond-Darsteller erschien das „sehr surreal“, und in der Runde gingen Witze rum, was man machen dürfe oder vermeiden müsse, auf dass die Situation nicht entgleite wie bei Mr. Bean. Als die Queen dann tatsächlich kam, wurde es doch eine nette Begegnung in angenehmer Atmosphäre, Craig erinnert sich gern, mehr verrät er nicht.

So also sieht der aktuelle Bond aus der Nähe aus, eine privilegierte Perspektive, um die einen, wie man so hört, unzählige Frauen beneiden würden. Nun gut, die Augen sind blau, das Gesicht fast noch schärfer konturiert als im Film, die Haare heller als bei den Vorgängern, obwohl man bei dem Spottnamen „James Blond“ doch etwas mehr in Richtung von Peter van Eyck erwartet hätte. Wirklich überraschend aber der Anzug, den Craig an diesem Morgen aus dem Schrank geholt hat, bei einem Bond-Mimen achtet man auf derlei nun mal besonders. Diesmal kein Italoschick wie am Premierenabend, statt dessen ein grauer Anzug mit großem Karomuster, dazu die passende Weste, die Krawatte dunkelblau mit kleinen weißen Punkten, vorwitzig lugt das Kavalierstuch aus der Brusttasche des Jacketts – der perfekte Landedelmann auf dem Weg zum Tee bei Lady Hamilton. Und überraschend auch sein Auftreten, nicht so streng, fast angespannt, wie er am roten Teppich teilweise gewirkt hatte, vielmehr munter, ausgeruht, er war ja auch nur kurz auf der Premierenparty im ehemaligen Postbahnhof in der Luckenwalder Straße. Und jetzt scheint er geradezu ausgelassen, scherzt über die Folterszene zwischen Mads Mikkelsen und ihm: Nackt sitzt er festgebunden auf einem Stuhl mit herausgeschnittener Sitzfläche, Le Chiffre bewehrt mit einem Tau, mit dem er Bond wieder und wieder von unten gegen die Körperteile schlägt, ohne die Bond doch nicht Bond wäre. „Eine Menge Spaß“ hätten sie gehabt, berichtet Craig, und verrät auch den Trick: Durch eine Fiberglasplatte war Verletzung ausgeschlossen.

Mit Bond ist er groß geworden,hat 007 schon als Junge gespielt, wie Millionen andere auch, es ist für ihn „Teil meines kulturellen Erbes“. Die Filme mit Sean Connery sah er im Fernsehen, seine erste Begegnung mit Bond im Kino war „Leben und sterben lassen“ mit Roger Moore. Pierce Brosnan hat er sogar ein paar Mal getroffen, „ein vollkommener Gentleman“, der ihm geraten habe, die Rolle anzunehmen – ein Angebot, das er zunächst nicht verstanden habe: „Warum ich?“

Nein, er habe James Bond nicht neu erfunden, wollte aber etwas anderes machen, Bond als Menschen erkunden, seine Herkunft, seine Verletzlichkeit, seine Fehler, ein Weg zurück zu den Anfängen, der ihm durch das Drehbuch möglich war. Sorgen, dass er nach weiteren Bond-Einsätzen zu sehr mit der Rolle identifiziert werden könnte, macht Craig sich nicht: „Es gibt schlimmere Probleme im Leben.“ Und legt der vermutlich rasch wachsenden Fangemeinde doch gleichzeitig ans Herz: „Ich bin nicht James Bond.“ Es ist für ihn eine Rolle, Beruf also, den er so gut ausüben will wie er kann. Der Erfolg jetzt mache ihn „very happy“, eine Genugtuung, gewiss, aber sich äußern zu den Angriffen auf seine Person, die es in den vergangenen Monaten immer wieder gegeben hatte, nein, das hat er damals nicht getan, das will er auch jetzt nicht.

Muss er ja auch nicht, denn viele mögen sich zum Urteil über Bond berufen fühlen, aber es steht doch nur einem zu, Sean Connery. Und wie sagte der Ur-Bond doch bei seinem letzten Berlin-Besuch vor einem Jahr über seinen fünften Nachfolger Craig: „Eine sehr gute Wahl.“

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