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Berlin: „Ich fand ihn unerträglich“

Eine 37-Jährige ist wegen Mordes angeklagt. Sie hat ihren Vermieter erschlagen

Die Vergangenheit von Ramona P. gleicht einer Tragödie: Als sie vier Jahre alt war, brachte ihre Mutter einen Mann um. Als sie fünf war, wurde die Mutter von der Polizei abgeholt. In einem Heim sei sie als Zwölfjährige vergewaltigt worden. Opfer eines Sexualverbrechens sei auch ihr heute 15-jähriger Sohn geworden. Das alles hat nach Darstellung der 37-jährigen Frau eine Rolle gespielt, als sie selbst zur Täterin wurde.

Ramona P. muss sich seit gestern wegen Mordes an ihrem Vermieter vor dem Berliner Landgericht verantworten. Aus Habgier soll die arbeitslose Textilarbeiterin am 11. September letzten Jahres mit einem Beil auf den 36-jährigen Holger G. eingeschlagen haben. Den Toten versteckte sie in einem Schrank, dichtete die Zimmertür ab und plünderte das Konto des früheren Postboten um etwa 4000 Euro. Die Leiche wurde erst nach zehn Tagen gefunden.

Den Angriff mit dem Beil in der Steglitzer Wohnung, in der sie ein Zimmer zur Untermiete hatte, gab Ramona P. zu. Doch Geld habe keine Rolle gespielt. „Der Mann sollte Jungs in Ruhe lassen“, sagt die Angeklagte. Sie will am Tattag beobachtet haben, wie ihr Vermieter auf der Straße einen etwa 14-jährigen Jungen „angrabschte“. Ramona P. sagt, sie habe an ihren eigenen Jungen gedacht. An den Sohn, der bei einer Pflegefamilie lebt und im Mai 2003 von einem Mann in ein Gebüsch gezerrt worden sei. Sie habe Holger G. zur Rede gestellt. „Er hat nur gelacht“, sagte die Angeklagte.

Ramona P. ließ nicht locker. Der Streit ging hin und her. „Ich habe dann das Beil genommen und zugeschlagen“, flüsterte die zierliche Frau mit dunklen Augenrändern. „Was haben Sie gefühlt?“ wollte die Vorsitzende Richterin immer wieder wissen. Ramona P. schüttelte nur den Kopf. „Ich fand ihn unerträglich“, sagte sie schließlich. Sie habe ihn nach zwei Schlägen mit einem Kabel gefesselt. „Damit er mir nichts tut.“ Sie zog ihm eine Plastiktüte über den Kopf. „Weil ich ihn nicht mehr sehen konnte.“

Mit der EC-Karte des Getöteten holte Ramona P. bis zu ihrer Verhaftung Ende September fast täglich Geld ab. Ein paar Nächte schlief sie noch Wand an Wand mit der Leiche, mietete dann eine eigene Wohnung, kaufte sich von dem Geld des Opfers eine Schrankwand und ein Sofa. Sie wurde festgenommen, als sie am S-Bahnhof Friedrichstraße erneut Geld vom Konto ihres Vermieters abheben wollte. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

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