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Berlin: „Ihr seid keine richtigen Türken“ Wie türkische Blätter über den Wahlkampf ihrer Kandidaten berichten

Auch im türkischen Blätterwald ist der Wahlkampf kaum zu übersehen. Es vergeht kaum ein Tag, an dem das Thema nicht zum Aufmacher auf der Titelseite der Europa-Beilagen wird.

Auch im türkischen Blätterwald ist der Wahlkampf kaum zu übersehen. Es vergeht kaum ein Tag, an dem das Thema nicht zum Aufmacher auf der Titelseite der Europa-Beilagen wird. „Drei türkischstämmige Kandidaten stellten sich in der Hauptstadt vor die türkischstämmigen Wähler“, berichtete die Milliyet zum Beispiel am Donnerstag auf der Titelseite ihrer Europa-Beilage. Es ging um eine Wahlveranstaltung im türkischen Theater Tiyatrom in Kreuzberg, zu der der Kandidat der Grünen, Özcan Mutlu, der Kandidat der SPD, Ahmet Iyidirli, und der Kandidat der Linkspartei, Hakki Keskin, geladen waren. Die Vorsitzenden der zwei größten türkischen Verbände in Berlin moderierten den Schlagabtausch. Safter Cinar vom Türkischen Bund Berlin-Brandenburg und Tacettin Yatkin von der Türkischen Gemeinde zu Berlin leiteten laut der Überschrift in der Milliylet „Eine spannungsgeladene Veranstaltung“. „Als über die doppelte Staatsbürgerschaft und das Armenierproblem diskutiert wurde, brach im Publikum Unruhe aus“, erklärte die Zeitung in den Unterzeilen. Die Hürriyet kritisierte, dass die Kandidaten, trotz der beharrlichen Fragerei des Publikums, auf das Thema „Armeniervölkermord“ nur ausweichend reagiert hätten. Durch die ausführliche Wiedergabe der Kandidaten zu diesem Thema in der Türkiye wurde deutlich, dass tatsächlich keiner der drei sich dazu geäußert hat, dass es 1915 einen Völkermord gegeben oder, wie die Türkei behauptet, nicht geben hat.

Ein anderes großes Thema war die doppelte Staatsbürgerschaft. Die Türkiye wählte die Überschrift: „Kandidaten versprechen die ’doppelte’.“ Ein Gast habe bei diesem Thema mit den Kandidaten geschimpft: „Ihr seid keine richtigen Türken.“ Großen Applaus habe es gegeben, als ein jüngerer Gast gesagt habe: „Jetzt verstehe ich, warum meine Altersgenossen sich nicht für Politik interessieren.“ Die Hürriyet wählte die Überschrift: „Drei türkischstämmige Kandidaten: Geht an die Wahlurnen.“ Die Zeitung brachte am Freitag auf der Titelseite ihrer Europa-Beilage ein Interview mit Innenminister Otto Schily (SPD). Seine Partei unterstütze die Mitgliedschaft der Türkei in der EU, weil sie „ein schönes Vorbild“ für andere muslimische Länder sein werde. Das wissen die meisten Türken: Wenn die CDU regiert, werden ganz andere Töne laut werden.

Suzan Gülfirat

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