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Berlin: Im Gleichschritt unter der Pickelhaube Daniel Brühl und Benno Fürmann bei der Premiere des Kriegsfilms „Merry Christmas“

In der Ost-Berliner Kaserne hätte man natürlich auch feiern können, wo die deutschen Filmsoldaten aus „Merry Christmas“ – allesamt Ungediente wie ihr Leutnant Horstmayer alias Daniel Brühl – den Schliff fürs Schlachtfeld erhalten hatten. Aber eine Premiere im 08/15-Stil macht natürlich nichts her.

In der Ost-Berliner Kaserne hätte man natürlich auch feiern können, wo die deutschen Filmsoldaten aus „Merry Christmas“ – allesamt Ungediente wie ihr Leutnant Horstmayer alias Daniel Brühl – den Schliff fürs Schlachtfeld erhalten hatten. Aber eine Premiere im 08/15-Stil macht natürlich nichts her. Also bat der Verleih Senator Film am Mittwochabend doch lieber in die Komische Oper, um mit seinen Stars Brühl, Benno Fürmann, Diane Krüger, Guillaume Canet, Gary Lewis und Regisseur Christian Carion der deutschen Premiere des Films Glanzlichter aufzusetzen. Die Staatsoper Unter den Linden wäre vom Stoff her auch möglich gewesen, hier hatte 1906 der Berliner Tenor Walter Kirchhoff debütiert. Er war das Vorbild zu der Figur des von Fürmann gespielten Schützengraben-Sängers, dessen Auftritt in der Weihnachtsnacht zum Auslöser wird für den Separatfrieden auf dem Schlachtfeld. Aber das Haus in der Behrenstraße hat nun mal mehr Erfahrung mit Filmvorführungen, und was die ohnehin abgelegene Kaserne betrifft: Dorthin zurück wollte Daniel Brühl auf keinen Fall.

Nein, er hat nicht gedient, vielmehr Zivildienst geleistet. Danach wurde er beim obligatorischen Interviewmarathon gestern Nachmittag sicher nicht nur einmal gefragt. Ein Crash-Kurs musste her, um als Offizier an der Westfront 1914 zu überzeugen, auch wenn ihm alles Militärische gegen den Strich geht. Bei den Schotten und den Franzosen soll der Filmdrill sehr viel lockerer abgelaufen sein, Brühl und seine Kameraden aber bekamen eine Ahnung, wie es bei Preußens zuging, lernten ein wenig marschieren, schießen, Befehle erteilen, immer in den Uniformen des kaiserlichen Heeres, mit Pickelhaube also, was sich, umgeben von den richtigen Soldaten der Bundeswehr, recht kurios ausnahm. Aber das Exerzieren war für Brühl nicht nur eine mechanische Sache, half ihm vielmehr, sich in die Rolle des Offiziers hineinzuversetzen. „Man muss sich die Rolle selbst glauben können.“

Einen simplen Kommisskopp hätte er nicht spielen wollen. „Zum Glück gab es auch die Zweifel, die in der Figur angelegt waren. Das hat mir sehr geholfen.“ Dazu kam, dass der von ihm gespielte Offizier eine französische Frau hatte, ein Detail, das dem Produzenten wegen Brühls Französischkenntnissen einfiel, schließlich die – nur kurz angespielte – jüdische Herkunft der Figur – Facetten, durch die sie an Substanz gewann, interessant wurde.

Kenntnisse über den Ersten Weltkrieg hatte Brühl vor dem Film nur wenige. In der Schule hatte er „Im Westen nichts Neues“ gelesen, auch die Verfilmung von 1930 kannte er, dazu Kubricks „Paths of Glory“, sein Lieblingsfilm über diesen Krieg. Vor allem aber Bücher halfen ihm, sich in die Geschehnisse von Weihnachten 1914, in die Emotionen der Soldaten hineinzufühlen, Bücher wie Célines „Die Reise an das Ende der Nacht“, Jüngers „In Stahlgewittern“ und jetzt Michael Jürgs’ Dokumentation „Der kleine Frieden im großen Krieg“. Auf Schlachtfeldern des Kriegs war er noch nicht, anders als Regisseur Carion, der aus dem Nordosten Frankreichs stammt, als Kind noch die Überreste des großen Schlachtens aus dem Ackerboden gebuddelt hat. Der Film sei dem Regisseur ein persönliches Anliegen gewesen, erzählt Brühl, gerade dies hat ihn auch selbst überzeugt, daran mitzuarbeiten.

Einiges hat er auf dem Set auch über die Temperamente der Nationen gelernt. Die Schotten jedenfalls haben immer eifrig gefeiert, dabei dem Whiskey kräftig zugesprochen und dann sehr lautstark und emotional Lieder gesungen, ein Schotte nach dem anderen, wobei oft sogar Tränen der Rührung flossen. Die Deutschen, erzählt Brühl, konnten derlei nicht bieten, haben nur verlegen die Achseln gezuckt, sich nicht getraut. Er selbst auch nicht.

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