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Berlin: Im Knoblauchhaus wird eine Ausstellung zur Kulturgeschichte des Tabaks eröffnet

Mit Pfeifenköpfen konfrontiert zu sein, zählt zum Alltag. Aber es gibt auch Pfeifenköpfe, die einen Alltag zum Festtag machen.

Mit Pfeifenköpfen konfrontiert zu sein, zählt zum Alltag. Aber es gibt auch Pfeifenköpfe, die einen Alltag zum Festtag machen. Das wird vom Sonnabend an bis zum 27. Februar im Knoblauchhaus des Nikolaiviertels bewiesen. Dort ist "Die Lust am Laster" rechtzeitig zur bevorstehenden langen Nacht der Museen ausgebreitet. Es dreht sich alles ums Rauchen, eine ganze Kulturgeschichte des Tabakgenusses. Mit schönen Stücken und erstaunlichen Texten dazu wird uns gezeigt, dass das Rauchen nicht nur so eine Sache des Mannes, später auch der Frau war und ist, sondern auch an Grundrechtsforderungen rührt. Anno 1848 war das eine Forderung, das Rauchen unter freiem Himmel zu gestatten. Das Tabakskollegium des königlichen Berserkers Friedrich Wilhelm I. ist nicht nur im Bilde, sondern mit einem Originalstuhl vertreten, auf dem womöglich das königliche Gesäß gesessen hatte. Von einer Biedermeiercouch aus liest in der Museumsnacht der Schauspieler Rainer Phillippi Tabaksgeschichten vor.

Ein Kunsthandwerk war in Vorväter Zeit dem Laster zu Diensten, mit Tabattieren aus Edelmetall, mit Emaillebildern ins Metall eingelassen, in Silber gehämmert oder ins Glas ziseliert. Aus Porzellan ist ein besonders schönes Stück (siehe Bild): der "Knasterkasten" mit Schloss. Ein Stück aus der Porzellanmanufaktur des Johann Ernst Gotzkowsky vor 1763. Dieses Jahr war ja die unglückliche Wende einer kurzen, höchst gedeihlichen Manufakturzeit im Kennzeichen "G". Gotzkowsky der königliche Kaufmann und Preußische Patriot. Er hatte die Porzellanmanufaktur, deren Wegely-Zeit abgelaufen war, seinem König Friedrich II. gerettet und fortentwickelt mit einem gehörigen Schuss Werksspionage in Meißen. Hatte seinem König in mancherlei Verlegenheit geholfen, die russischen Contributionen bei der Besetzung Berlins mit diplomatischem Geschick und geschicktem Einsatz von Tabattieren und anderen Bestechungsstücken, so dass Berlin Luft holen konnte. Er endete aber erbärmlich. Friedrich machte die Manufaktur zur Königlichen. Das steckt in diesem "Knasterkasten", der aber aus der Zeit vor dem Gotzkowsky-Ende stammt. Wie in jedem Stück, in jeder Pfeife eine Geschichte stecken mag. Das Stadtmuseum Berlin hat also im Knoblauchhaus eine schöne Besonderheit eingerichtet. Und wer dem Stadtmuseum helfen will, einen kostbaren Pfeifenkopf zu erwerben, kann das in der Museumsnacht mit dem Kauf einer Tonpfeife für 27,50 DM tun. Und die Pfeife, der das zugute kommt, ist auch in einer Vitrine ausgestellt.

Ekkehard Schwerk

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