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Berlin: Im Reich der Schatten

Der Untersuchungsausschuss Bankgesellschaft sieht erste Erfolge – langsam wird das komplizierte Firmengeflecht durchschaubar

Es ist eine mühsame Kleinarbeit, aber langsam bringt sie Erfolge: Der Untersuchungsausschuss zur Bankgesellschaft sieht Grund. „Wir verstehen jetzt, wie der Kernbereich des Immobiliengeschäfts strukturiert war“, sagte der Ausschussvorsitzende Frank Zimmermann (SPD) dem Tagesspiegel. „Ich bin zuversichtlich, dass am Ende die Verantwortung der maßgeblichen Manager feststehen wird.“ Das Ziel sei, am Ende eine Beweisführung komplett zu haben, die auch für Gericht und Staatsanwaltschaft hilfreich sei.

Denn die Strafprozesse gegen die Beteiligten eines der größten Bankenskandale der Geschichte stehen noch aus. Immerhin beginnt im Februar der Betrugsprozess gegen zwei Schlüsselfiguren der Affäre, die früheren Aubis-Manager Christian Neuling und Klaus Wienhold. Auch bei ihnen geht es um Kreditvergaben für Immobiliengeschäfte.

In der Ausschuss-Sitzung am Freitag ging es darum ebenfalls. Bis in die kleinsten gesellschaftsrechtlichen Details stieg man hinab; diese Akribie ist nötig, um ein Bild vom vollen Ausmaß der Verstrickungen zu bekommen. „Rechtlich ist das Ganze unfassbar kompliziert“, sagt Zimmermann. „Und man kann sagen, dass es auch bewusst undurchschaubar gehalten wurde.“

Bis heute tut die Bankgesellschaft nur wenig dafür, zur Aufklärung der Sache beizutragen, kritisiert Barbara Oesterheld, die für die Grünen im Ausschuss sitzt. Die Anwälte der Bank verzögerten die Übersendung von Unterlagen, wo es nur gehe. „Wenn wir den Zeugen im Ausschuss Vorhalte machen wollen, müssen wir die Informationen dafür aus der Akteneinsicht nehmen“ – also praktisch herausschreiben, statt einfach Fotokopien zu machen. Und was ganz besonders ärgerlich sei: „Diese Anwälte, die uns blockieren, bezahlen wir indirekt ja auch noch selbst.“ Denn die Bank gehört dem Land, also zahlt der Steuerzahler.

Wie ihr Kollege Michail Nelken von der PDS sieht auch Oesterheld dennoch Erfolge der mühsamen Arbeit. „Je genauer wir uns mit der Sache befassen, desto klarer sehen wir: Hier wurde gewarnt, dort wurde gewarnt, es gab Aktenvermerke, aber in der Chefetage wurden alle diese Signale ignoriert.“ In der letzten Sitzung dieses Jahres wurde der Zeuge Christian Brockhausen gehört; auch er hatte zu den Warnern gehört.

Brockhausen hatte als Prokurist der Beratungsfirma Concom über Jahre hinweg versucht, der IBG-Geschäftsführung klarzumachen, dass sie die Höchstkreditgrenze überschritt oder zu überschreiten drohte. Vereinfacht gesagt: Banken dürfen nicht unbegrenzt Darlehen an ein- und denselben Kreditnehmer vergeben, denn wenn dieser Probleme bekommt, ist die ganze Bank gefährdet. Diese Schutzvorkehrung wurde systematisch unterlaufen, indem scheinbar fremde Gesellschaften gegründet wurden, die aber letztlich der IBG zuzurechnen waren.

„Die haben das gemacht, damit sie diesen Immobilienhandel weiterbetreiben konnten, obwohl sie eigentlich keine Kredite mehr hätten bekommen dürfen“, sagt Nelken. Der Zeuge Brockhausen schilderte, wie Teile des Schattenkonzerns aufgebaut wurde: GmbHs wurden auf Vorrat gegründet, die Geschäftsführung übernahm ein Buchhalter oder auch eine Sekretärin. Die stellten wiederum Generalvollmachten aus, mit dem Ablauf der Geschäfte hatten sie nichts zu tun. „Das waren Schein-Geschäftsführer“, sagt der Untersuchungsausschuss-Vorsitzende Frank Zimmermann. Verantwortlich seien diese Leute nicht, meint Zimmermann, sie hätten „ihren Vorgesetzten vertraut“. Das Ganze „hat System gehabt“, so der Ausschussvorsitzende. Und es war nur ein Element in einem undurchdringlich wirkenden Schattenreich, in das jetzt allmählich Licht kommt.

Fatina Keilani

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