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Berlin: Immer auf der Suche: Berliner ziehen oft um und viele leben allein

Innenstadtbezirke verlieren Bewohner, Zehlendorf gewinnt – und was Immobilienunternehmer sonst noch herausfanden

Innenstadtbezirke verlieren Bewohner, Zehlendorf gewinnt – und was Immobilienunternehmer sonst noch herausfanden Von Christian van Lessen

Wer allerorts in der Stadt leere Wohnungen sieht, kommt auf den Umzugsgeschmack. Die Berliner ziehen so häufig um wie lange nicht mehr. „Sie sind Weltmeister im Wohnungswechsel, sagte gestern Ludwig Burkardt, Vorstandsmitglied des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU). Allein im letzten Jahr haben 380 000 Menschen innerhalb Berlins eine neue Wohnung bezogen, die Umzugsrate ist doppelt so hoch wie etwa in Hamburg. Dabei werden die Haushalte immer kleiner. Nach einer von Burkardt vorgestellten Wohnungsbauprognose des Gewos-Institutes für Stadt-, Regional- und Wohnforschung wird sich der Anteil der Ein-und Zweipersonenhaushalte bis 2007 von 70 auf 83 Prozent erhöhen. Damit liegt Berlin neben München auch als Single-Metropole ganz oben.

Insgesamt haben sich fast eine Viertelmillion Haushalte mit rund 460 000 Personen im vergangenen Jahr für eine neue Wohnung entschieden, davon 80 000 Berliner für eine Bleibe in Brandenburg. Wer Berlin die Treue hält, will nach den Untersuchungen des Gewos-Institutes meist im gewohnten Bezirk bleiben. So fahren viele Umzugswagen nur um paar Ecken. Dennoch ein lohnendes Geschäft. „Man müsste ein Speditionsunternehmen aufmachen“, empfahl Burkardt. Was die Spediteure freut, wurmt viele Wohnungsbaugesellschaften. Sie müssen oft für die jeweilige Instandsetzung zahlen. Wohnungswechsel sind auch mit hohem Verwaltungsaufwand verbunden.

Die meisten Haushalte entschlossen sich, wegen einer größeren und besser geschnittenen Wohnung umzuziehen. Die Preise sind wegen des Wohnungsüberangebots verhältnismäßig günstig. In Mitte und Friedrichshain fuhren Umzugswagen besonders häufig vor, um Möbel abzuholen. Neue wurden weniger gebracht: Mitte und Friedrichshain verbuchten im vergangenen Jahr zum zweiten Mal die höchsten Wanderungsverluste. Allein Mitte verlor 3380 Einwohner an andere Bezirke. Die höchsten Wanderungsgewinne hatten Reinickendorf und Steglitz-Zehlendorf.

Nach der gestern vorgelegten Wohnungsmarktprognose wird in den nächsten vier Jahren die Bevölkerungszahl um 35 000 Personen wachsen, die Zahl der Haushalte um fast die gleiche Zahl steigen. Das Gewos-Institut erwartet, dass die Nachfrage nach Wohnungseigentum wächst. Der Prognose zufolge erhöht sich der Anteil von (selbst genutztem und vermietetem) Wohneigentum von derzeit 16 Prozent auf 18 Prozent. Aufgrund unterschiedlicher Erhebungsmethoden kommt das Statistische Landesamt allerdings auf eine derzeit geringere Eigentumsquote von knapp 13 Prozent. Beim Verband der Wohnungsunternehmen ist man der Ansicht, dass hauptsächlich Zuwanderer die Nachfrage nach Wohneigentum beleben.

Der hohe Wohnungsleerstand wird vorläufig bleiben. Bei den BBU-Mitgliedsunternehmen stehen 40 700 Wohnungen leer, etwas weniger als im Vorjahr. Für ganz Berlin sind verlässliche Leerstandszahlen nicht auf dem Markt. Das Statistische Landesamt hatte vor wenigen Monaten die Schreckenszahl von 186 000 ermittelt, was im Senat einen Schock auslöste und bezweifelt wurde. In der Wohnungswirtschaft geht man von einem Leerstand von mindestens 100 000 Wohnungen aus. Die Gewos-Prognose rechnet damit, dass sich der Aufwärtstrend bei Mieten für große und besser ausgestattete Wohnungen fortsetzen wird. Vor allem Zuwanderer nach Berlin suchten gut ausgestattete Wohnungen in attraktiven Stadtteilen.

Christian van Lessen

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