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Fahrgäste sollten in der Nacht so wenig Wertgegenstände wie möglich mitnehmen.

© dpa

Öffentlicher Nahverkehr: Immer mehr Schlafende werden bestohlen

Die Bundespolizei hat ein neues Phänomen in Regionalbahnen und in der S-Bahn festgestellt, den sogenannten "Nachtschwärmer-Trick". Bestohlen werden meist schlafende Clubgänger.

Nach der Party kommt das böse Erwachen. Immer mehr Fahrgäste, die nach Clubnächten in der S-Bahn oder Regionalbahn wegdösen, werden bestohlen. Nach der neuesten Statistik der Bundespolizei sind ein Viertel der Opfer von Taschendiebstählen im öffentlichen Nahverkehr Schlafende. Mittlerweile hat die Bundespolizei einen Namen für das neue Phänomen gefunden – die Ermittler sprechen vom „Nachtschwärmer-Trick“.

Nach Angaben der Bundespolizei waren es im vergangenen Jahr exakt 1062 von insgesamt 4300 Diebstählen. „Das ist ein Spitzenwert“, teilte ein Bundespolizeisprecher auf Anfrage mit. Im Vergleich zu 2010 seien die Zahlen angestiegen. Und dabei handelt es sich nur um die Fälle, in denen die Betroffenen auch Anzeige erstattet haben.

Die Dunkelziffer dürfte noch höher liegen, denn für den Bereich der BVG gibt es keine vergleichbare Statistik. Anders als die Bundespolizei, die zuständig ist für die Fern-, Regional- und S-Bahn, erfasst die Landespolizei nicht, ob ein Opfer von Taschendiebstahl geschlafen hat . Doch auch in der U-Bahn gibt es viele Fälle, in denen die Opfer im Schlaf bestohlen wurden, wie Fahrgäste berichten. „IPod, Portemonnaie, Schlüssel – alles weg“.

Der von der Bundespolizei sogenannte „Nachtschwärmer-Trick“ wird vor allem an Wochenenden angewandt. Verstärkt betroffen seien die Ringbahn und die ins Umland führenden Linien S 7 und S 75. Das hat mehrere Gründe: Zum einen sitzen auf den Streckenabschnitten nahe den Endbahnhöfen nur noch wenige Fahrgäste in der Bahn; auch die Abstände zwischen den S-Bahnhöfen werden länger, was das Risiko für die Täter verringert, entdeckt zu werden. Oft werden auch die Endbahnhöfe zum Tatort, da die Bahnen dort länger stehen. Und generell gilt: Je länger der Fahrweg, desto höher die Wahrscheinlichkeit, in der Bahn einzuschlafen. Viele Menschen dösen nach Club-Abenden auch in der Ringbahn ein – diese fährt monoton im Kreis.

"Meist spielen die Täter den ahnungslosen Mitreisenden"

Die Bundespolizei hat einen speziellen Täterkreis ermittelt: Die Männer sind zwischen 16 und 30 Jahre alt und agieren meist zu zweit oder zu dritt. Es handele sich größtenteils um Männer „ost- und südosteuropäischer, afrikanischer und westasiatischer Abstammung“, wie die Bundespolizei auflistet. Ihr Vorgehen sei systematisch: Die Fahrgäste würden zunächst beobachtet, dann setze sich einer der Täter neben den Schlafenden und überprüfe durch Anstoßen, ob er tief genug schläft. Manchmal würden auch Rasierklingen zum Aufschneiden der Jacken eingesetzt. Erwacht das Opfer, kann es auch zu gewaltsamen Übergriffen kommen, was aber eher selten ist. „Meist spielen die Täter dann den ahnungslosen Mitreisenden“, sagt ein Bundespolizeisprecher.

Speziell ist aber auch die Gruppe der Opfer: Diese sind nach Angaben der Bundespolizei meist Männer zwischen 16 und 25 Jahren, viele sind alkoholisiert. Bargeld und Portemonnaies werden am häufigsten gestohlen, aber auch Smartphones. „Um Diebstählen vorzubeugen, sollte man Wertgegenstände nicht sichtbar bei sich tragen“, rät ein Bundespolizist. Kopfhörerkabel beispielsweise können dem Täter zeigen, dass der Schlafende einen iPod bei sich führt. Die Bundespolizei rät zudem, vor dem Ausgehen die Brieftasche bis auf die nötigsten Dinge zu leeren. Wer Zeuge einer solchen Tat wird, könne versuchen, das Opfer durch Geräusche zu wecken.

Zur Bekämpfung der nächtlichen Taschendiebstähle verfügt die Bundespolizei über eine zivile Ermittlungsgruppe. Der „EG Tasche“ – Ermittlungsgruppe Taschen- und Trickdiebstahl – gehören elf Bundespolizisten an, die die Tricks der Täter kennen. Im vergangenen Jahr konnte die Einheit insgesamt 112 Taschendiebe festnehmen.

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