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Vivantes steht wegen eines geplanten Immobilienverkaufs in der Kritik.

© dpa

Immobilienpolitik des Berliner Senats: Vivantes will Unterkunft für psychisch Kranke verkaufen

Die landeseigene Klinikkette Vivantes will ein Haus in Schöneberg verkaufen. Dann würden psychisch Kranke ihr Zuhause verlieren - doch Vivantes hat kaum eine andere Wahl.

Die landeseigenen Vivantes-Kliniken stehen wegen eines Immobilienverkaufs unter Kritik – in dem Haus in der Schöneberger Dominicusstraße wohnen seit Jahren 40 psychisch Kranke, die ein privater Träger betreut. Doch Vivantes benötigt das Gebäude nicht – und will es verkaufen, denn das Landesunternehmen muss seine maroden Krankenhäuser sanieren, wofür Millionensummen fehlen. Rechtlich gesehen, könnte den Verkauf an ein buddhistisches Zentrum nur eine Weisung des Senats oder ein Beschluss des Abgeordnetenhauses verhindern. Bleibt die Weisung aus, hat das Schöneberger Sozialunternehmen Pinel zwei Jahre Zeit, ein neues Quartier zu finden.

„Wir sind hier fest integriert, viele Bewohner haben richtig Angst vor einem Umzug“, sagte Bernd Gander, Geschäftsführer von Pinel. Im Haus wohnten, das bestreitet kaum jemand, vor allem Menschen, die in dieser Stadt zu den Ärmsten gehören. Monatelang habe er mit Vivantes verhandelt, damit Pinel das Haus kaufen kann. „Wir haben im Bieterverfahren mitgeboten“, sagte Gander. Die Buddhisten haben den Zuschlag bekommen, mit 2,5 Millionen Euro hatten sie am meisten für das sanierungsbedürftige Haus geboten. Gander sagt, das Pinel-Angebot habe zuletzt ebenso viel betragen. Aus Senats- und Vivantes-Kreisen war zu hören, der Träger habe für die Summe keine ausreichenden Bürgschaften vorgelegt.

Senatsverwaltung für Finanzen hält sich bedeckt

Das Immobiliengeschäft eröffnete ein neues Kapitel in der langen Geschichte der festgefahrenen „transparenten Liegenschaftspolitik“, die der Senat angekündigt hatte. Denn Vivantes ist als Landesunternehmen und GmbH verpflichtet, die unwirtschaftliche Immobilie meistbietend zu verkaufen – schon weil die Klinikkette viel Ärger riskiert, da sie das Haus nicht angemessen in Stand wird halten können. Dass Vivantes das wirtschaftlichste Angebot annehmen muss, hatte auch Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) im Abgeordnetenhaus betont.

Czaja selbst ist zwar politisch für das Wohl psychisch Kranker zuständig, als Mitglied des Vivantes-Aufsichtsrats sei es ihm aber nicht möglich, „gegen wirtschaftliche Interessen“ von Vivantes zu stimmen, sagte eine Sprecherin. Czaja und Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für die SPD) haben sich bei der Abstimmung im Aufsichtsrat enthalten.

Bei der Senatsverwaltung für Finanzen hält man sich bedeckt: „Grundsätzlich veräußern Landesunternehmen ihre Grundstücke in eigener unternehmerischer Verantwortung“. Nußbaum hatte lange für den Verkauf landeseigener Immobilien zum Höchstpreis gekämpft. Seitdem das Parlament vom Senat aber eine neue Verkaufspolitik erzwang und das Abgeordnetenhaus 2013 ein „Konzept zur transparenten Liegenschaftspolitik“ beschloss, wartet der Senat auf eine entsprechende Vorlage Nußbaums.

„Willkür bei der Grundstücksvergabe“

Gestritten wird um die Besetzung eines Gremiums, das über die Verwertung der Grundstücke urteilt: den „Portfolioausschuss“. Dieser soll entscheiden, ob Sozialeinrichtungen – wie Pinel in Schöneberg – Grundstücke bekommen, wenn sie nicht den höchsten Preis bezahlen. Die Machtverhältnisse im Ausschuss werden über die Richtung der neuen Liegenschaftspolitik entscheiden, nämlich ob eher an Nutzer mit dem sozialeren Konzept oder an jene mit mehr Geld verkauft wird. Die Entwürfe der Senatsverwaltung für Finanzen scheiterten bisher an Widerständen aus den Fraktionen und von den anderen Senatoren. Kommentar der Finanzverwaltung: „Die senatsinterne Abstimmung zu diesem Punkt läuft“. Und läuft.

Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Abgeordnetenhaus, Wolfgang Albers (Linke), plädiert dennoch nicht für einen entsprechenden Parlamentsbeschluss: „Wir können den Senat nicht immer aus seiner Inkonsequenz befreien.“ In der Zwischenzeit herrscht „Willkür bei der Grundstücksvergabe“, sagt CDU-Vize-Fraktionschef Stefan Evers und fordert: „Sperrt die Verwaltungschefs so lange gemeinsam in einen Raum, bis die sich auf eine Vorlage einigen."

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