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Tabea ist eine kleine evanglische Gemeinde im mehrheitlich muslimischen Umfeld am Ende der Sonnenallee.

© ari

SONNTAGS um halb zehn: In der Neuköllner Diaspora

Ein Gottesdienst zwischen Juden und Muslimen am Ende der Sonnenallee

Die Pfarrerin radelt, die Morgensonne im Gesicht, die Sonnenallee entlang, vorbei am Hotel Estrel, das derzeit 2300 jüdische Makkabiade-Sportler beherbergt. Was für eine Zahl!

Kurz darauf ist Christine Richter am Ziel: das Gemeindezentrum der Tabeagemeinde, zur Kirchengemeinde Rixdorf gehörend, Gesamtmitgliederzahl: 1300. Erfreuliche Gottesdienste haben hier 15 Besucher. Und jetzt sind noch Ferien. Was das wohl wird... Doch dann sitzen schon zwölf Männer und Frauen da, alle im Seniorenalter. Alt sind die meisten Christen im Osten von Neukölln. Die Jungen sind Muslime. Besonders freitags merken sie das, sagen sie. Dann kämen viele Menschen zur Al-Nur-Moschee, die eine Straße weiter ist, von Videokameras bewacht und vom Verfassungsschutz beobachtet.

Klein, aber laut! Die Läutemaschine lässt die Glocken klingen

Die kleine Tabea-Gemeinde liegt an diesem Sonntag also annähernd in einer Linie zwischen sportlich-dynamischem Judentum und prosperierendem, aber verdächtigem Islam. Aber sie ist die einzige Religion, die von allen anderen gehört wird: Kurz vor Gottesdienstbeginn geht Günter Linn, die gute Seele der Gemeinde, hinauf zur „Läutemaschine“ und lässt die Glocken klingen.

In der Predigt von Pfarrerin Richter geht es um Gastfreundschaft, um Nehmen und Geben und die Flüchtlinge, die nach Europa kommen. „Dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat“, nicht ohne Grund sei dieser Petrus-Spruch in manchen Bibeln fett gedruckt, sagt Richter.

Die Gemeinde ist ritensicher und singt fröhlich mit. Ihr Vertrauen in ihre Kirche und ihren Gott ist spürbar, ihre Reaktion auf andere Religionen in der Umgebung freundlich. Dann radelt die Pfarrerin davon, zum nächsten Gottesdienst. Einen eigenen Pfarrer haben sie in Tabea schon lange nicht mehr.

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