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Berlin: In sieben Kliniken sollen die Lichter ausgehen

BERLIN .Der Gutachter hat gesprochen: Sieben Krankenhäuser mit über 4000 Mitarbeitern verschwinden bis zum Jahre 2000, darunter die großen städtischen Heilstätten Urban in Kreuzberg, Moabit und Wenckebach in Tempelhof sowie die erst vor zwei Jahren gegründete anthroposophische Heilstätte Havelhöhe in Spandau.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

BERLIN .Der Gutachter hat gesprochen: Sieben Krankenhäuser mit über 4000 Mitarbeitern verschwinden bis zum Jahre 2000, darunter die großen städtischen Heilstätten Urban in Kreuzberg, Moabit und Wenckebach in Tempelhof sowie die erst vor zwei Jahren gegründete anthroposophische Heilstätte Havelhöhe in Spandau.Zudem soll das Klinikum Benjamin Franklin seinen Rang als Uniklinik verlieren und künftig wie die Großkliniken Friedrichhain, Neukölln oder Buch ein Haus der "Zentralversorgung" sein.Die Gesamtbettenzahl aller 70 Krankenhäuser von jetzt knapp 28 000 wollen die Gutachter um gut 3500 reduzieren.

Neben den Krankenhäusern Urban, Mooabit, Wenckebach und Havelhöhe raten die Gutachter zu Aufgabe von drei kleineren Kliniken: Psychiatrieklinik Phoenix in Charlottenburg (60 Betten) sowie der Grunewaldklinik (100 Betten) und Sankt Antonius in Köpenick (106 Betten).Die zwei letztgenannte Häuser waren von der Gesundheitsbehörde ohnehin zu Schließung vorgesehen.

Zudem verlieren einige Kliniken einzelnen Standorte, hier zählen die Nervenklinik Spandau, die Klinik Hedwigshöhe in Treptow sowie der Geriatriestandort Berkaer Straße in Wilmersdorf zu den Sparopfern.In die jeweiligen Stammhäuser ziehen die Lichtenberger Kinderklinik Lindenhof und die Neuköllner Frauen- und Kinderklinik Mariendorfer Weg.Zudem wird zur Privatisierung sämtlicher derzeit zwölf kommunale Klinken geraten, wodurch jährlich 770 Millionen Mark gespart werden könne.

Die Gutachter halten effizientes Sparen nur durch Schließung ganzer Krankenhäuser und Abstufung bisherige Hochpreiskliniken in preisgünstigere Häuser der "Grund- und Regelversorgung" für möglich.Im Vergleich zu Münchener Preisen seien die Berliner Krankenhäuser jährlich um 1 Milliarde Mark zu teuer, im Vergleich zum durchschnittlichen Kostenniveau im Bundesgebiet sogar um 2 Milliarden Mark.Die Preis je Behandlungfall liege in der Hauptstadt bei durchschnittlich 9300 Mark, in der bayerischen Metropole bei nur 7600 Mark.

Die Personalkosten in Berlins Heilstätten seien um 47 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt, für Verwaltung werde 60 Prozent mehr ausgegeben, bei Sachkosten für Energie oder Essen lägen hiesige Preise um 77 Prozent über Bundesniveau.Die Gutachter empfehlen, den Anteil von Kliniken der "Zentralversorgung" (alle medizinischen Disziplinen, maximaler medizinischer Austtattung) auf 30 Prozent zu senken, wie dies im Bundesgebiet sonst üblich sei.Die übrigen 70 Prozent der Häuser sollten grundsätzlich Aufgaben der preisgünstigeren "Regelversorgung" übernehmen, wobei einzelne medizinische Spezialangebote auf High-Tech-Niveau ergänzend bleiben könnten.

Christdemokraten und Grüne haben in einer ersten Stellungnahme zu dem Gutachten vor einem "Krankenhaus-Kahlschlag" gewarnt.So etwas werde es mit der CDU nicht geben, erklärte deren Fraktionsgeschäftsführer im Abgeordnetenhaus, Volker Liepelt.Nicht Gutachten, sondern die Versorgung der Patienten und die soziale Sicherheit der Mitarbeiter seien die Entscheidungskriterien.Unbestritten sei, räumte Liepelt ein, daß auch im Krankenhausbereich gespart werden müsse.Aber es sei auffällig, daß Standorte zur Schließung empfohlen würden, die in den letzten Jahren mit großem Aufwand modernisiert worden seien.Zum Beispiel das Wenckebach- oder das Moabiter Krankenhaus.Der Grünen-Abgeordnete Bernd Köppl bezeichnete das Gutachten als "eigenartige Mischung aus einer sehr guten wissenschaftlichen Untersuchung der Bedarfsplanung für die stationäre Versorgung und gleichzeitig einer platten Umsetzung finanzieller Einsparvorgaben der Krankenkassen und Privatisierungsforderungen von Teilen der CDU." Die Krankenkassen forderte Köppl auf, den drohenden Abbau von bis 7000 Stellen aufzufangen und die sozialen Probleme nicht zu ignorieren.

Der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Hanns-Peter Seitz erinnerte daran, daß es "bisher keine konsequente Krankenhausplanung gegeben hat, sondern Kürzungen nach der Rasenmähermethode." Außerdem verdecke die andauernde Privatisierungsdebatte die eigentlichen Strukturprobleme im Krankenhausbereich.Die PDS kritisierte, daß das Gutachten "mit Brachialgewalt der Totalprivatisierung der städtischen Krankenhäuser das Wort redet." Über die Beschäftigten verlören die Gutachter kein Wort.

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