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Berlin: Internes Arbeitsamt – oder Gnadenbrot unter Aufsicht?

Seit Mai gibt es den Stellenpool, knapp 1000 Überhangkräfte vermittelt er auf freie Behördenstellen – aber erst 23 in feste Jobs

Von Sabine Beikler

Überhang – das Wort beunruhigt die Beschäftigten der Verwaltung. Auch Cordula K. gehörte irgendwann zu dieser Gruppe. Als die Zahl der Kitas schrumpfte, fiel ihre Stelle als Kita-Sachbearbeiterin weg. Doch Cordula K. hatte Glück: Sie konnte die Stelle einer Kollegin, die in Rente ging, übernehmen.

Was macht man im öffentlichen Dienst mit Beschäftigten, deren Arbeitsplätze mit dem so genannten kw-Vermerk („künftig wegfallend“) versehen sind? Seit Anfang Mai kümmert sich um sie der Zentrale Stellenpool, eine neu geschaffene Landesbehörde mit der offiziellen Bezeichnung Zentrales Personalüberhangmanagement (ZeP). Die neue Behörde mit Sitz in Alt-Friedrichsfelde ist der Finanzverwaltung unterstellt. Hier arbeiten 80 Mitarbeiter, die ebenfalls aus dem Überhang rekrutiert wurden – mit Ausnahme des Wirtschaftsexperten Peter Buschmann, den der Senat als Direktor des Stellenpools von außen geholt hat.

Seit Juli sind dem Stellenpool 966 gemeldet, bis Jahresende sollen es 3100 sein. Dass die alle wieder eingesetzt werden, glaubt Hauptpersonalrat Dieter Klang nicht: „30 Prozent sind überhaupt nicht vermittelbar“, sagt er und wirft den Behörden vor, Mitarbeiter an den Stellenpool zu melden, die da eigentlich nicht hingehören: zum Beispiel Beschäftigte, die sich bereits in Altersteilzeit befinden, oder Mitarbeiter im Erziehungsurlaub.

Hinter vorgehaltener Hand ist auch in den Verwaltungen zu hören, dass man sich durch die Meldung in den Stellenpool unliebsamer Mitarbeiter entledigen wolle: ältere, womöglich nicht mehr leistungsstarke Mitarbeiter oder solche, die sich oft krank melden. Für Peter Buschmann, Direktor des Stellenpools, sind das Einzelfälle. Was ihm allerdings unangenehm aufgefallen ist: Die Verwaltungen haben sogar rund ein Dutzend Schwerstbehinderte, die selbst mit Betreuern nur einige Stunden pro Woche arbeiten können, in den Pool gemeldet. Insgesamt wurden rund 100 Beschäftigte mit einer Behinderung von über 50 Prozent gemeldet. „Von 966 Überhangkräften sind das rund zehn Prozent, das ist nicht wenig“, sagt Buschmann. Er hat sich inzwischen mit den Verwaltungen darauf verständigt, dass diese Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz bleiben.

Fast die Hälfte der Überhangkräfte kommt aus der allgemeinen Verwaltung. Im zentralen Stellenpool, der auch die Personalhoheit übernimmt, werden diese Mitarbeiter zunächst beraten. Je nach Qualifikation werden ihnen Umschulungen angeboten. Buschmann sagt, dass die „Qualifikation der Überhangkräfte nicht schlechter als die der Verwaltungsangestellten“ sei. Zurzeit hat der Stellenpool 1700 befristete Übergangsstellen bewilligt, für 650 freie Stellen werden Mitarbeiter gesucht. Bei befristeten Übergangseinsätzen werden Buschmann zufolge allein 40 Mitarbeiter nur für die Bearbeitung von Wohngeldanträgen eingesetzt. Viele sind auch in Unterhaltsvorschusskassen beschäftigt, treiben Geld von säumigen Vätern ein oder kontrollieren bei Verdacht auf Sozialmissbrauch.

Was passiert aber mit den restlichen 750 von bald 3100 Überhangskräften? Buschmann ist optimistisch: Allein 2800 Stellen würden jährlich durch Verrentungen frei, dahin könne man viele Überhangkräfte vermitteln. Diesen Optimismus teilt Hauptpersonalrat Klang nicht. „Von 3100 bleibt die Hälfte ohne Arbeit“, prophezeit er. Der Stellenpool funktioniere zwar wie ein internes Arbeitsamt, doch befürchtet der Personalvertreter, dass dort Angestellte ein „Gnadenbrot unter Aufsicht“ bekämen und letztlich auch abgewickelt werden würden.

Dafür spricht, dass von den knapp 1000 Überhangkräften im Stellenpool erst 23 in feste Stellen vermittelt worden sind.

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