zum Hauptinhalt

Berlin: Jagdgegner im Visier

Heute gibt es wieder eine Tierschutzdemo – die 60. in fünf Jahren. Die Organisatoren sind umstritten

Lüsterne Tierkiller, die abballern, was ihnen vor die Flinte kommt – so sehen radikale Jagdgegner ihren natürlichen Feind, den Jäger. Morgen marschieren sie wieder zur „Anti-Jagd-Demo“ vors Brandenburger Tor, hören den „Bruno Blues“, das Braunbär-Requiem zur Erinnerung an den marodierenden Alpen-Bären, der in Bayern erlegt wurde, und schimpfen auf das deutsche Waidwerk. Jeden ersten Sonnabend im Monat geht das so, seit nunmehr fünf Jahren. Heute ist das 60. Demo-Jubiläum.

Einen „gewissen Gewöhnungseffekt“ beim Publikum will Biologielehrer Kurt Eicher nicht ausschließen. Eicher ist Sprecher der „Initiative zur Abschaffung der Jagd“, einem Zusammenschluss kleinerer Tierschutzgruppen. Zur Demo kommen jedesmal rund 200 Jagd-Gegner, nicht sehr viel für eine bundesweite Kampagne. Dass es nicht mehr werden, liegt auch an einem Makel der Initiative. Sie kooperiert mit einer spiritistischen Vereinigung, der Glaubensgemeinschaft „Universelles Leben“ (UL) aus Würzburg, die von der evangelischen Kirche als Sekte mit totalitären Tendenzen betrachtet wird.

Einer ihrer ärgsten Kritiker ist der Berliner Sektenbeauftragte Thomas Gandow. Er hatte schon vor vier Jahren vor einer zunehmenden Einflussnahme der UL auf die Tierschutzszene gewarnt. Seine Einschätzung sei „unverändert“, sagt er heute. Mehr sagt er nicht, weil die UL ihre Kritiker mit Klagen überzieht.

Die „AJ-Gang“, die ihren Bruno-Song auch auf CD vertreibt, steht mit der UL in Verbindung. Kontakte hat auch Eicher. Er versucht gar nicht erst, das abzustreiten. „Die UL gehört zum festen Bestandteil der Initiative wie andere Tierschutzgruppen auch“. Es gebe allerdings keine finanziellen oder ideologischen Abhängigkeiten. Die UL sei „harmlos“, sagt Eicher. Er habe sich „informiert, was da geht“.

Kritiker wie der Tierschutz-Aktivist Andreas Hochhaus halten Eicher selbst für einen UL-Anhänger. Hochhaus fotografierte Eicher vor einem Hotel, in dem regelmäßig Gottesdienste stattfinden, die sogenannte „kosmische Lebensschule“. Eicher lacht über diesen Vorwurf. Er sei dorthin eingeladen worden, um Infomaterial zu verteilen und seine Kampagne vorzustellen. Die UL-Anhänger verehren eine „Prophetin“, die 1933 geborene Gabriele Wittek, die von sich behauptet, mit Gott und anderen außerirdischen Mächten in engem Kontakt zu stehen. Wittek schreibt dicke Wälzer, in denen sie gegen die Amtskirchen wettert, veganes Leben propagiert und absolute Liebe zu den „nichtmenschlichen Tieren“ einfordert. Zur UL gehören ein Radiosender, eine Grundschule, ein Vertrieb biologischer Lebensmittel, eine Kita und ein Buchverlag.

Die großen Naturschutzverbände halten lieber Abstand zu Eichers Anti- Jagd-Initiative. „Wir haben unsere eigenen Mittel, um auf seriösem Weg für die Novellierung des Bundesjagdgesetzes einzutreten“, sagt Thomas Schröder, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Tierschutzbundes.

Zur Startseite