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Berlin: Jedem Ego ein Abo

Von Stephan Wiehler Die Ich-Gesellschaft fordert ihren Tribut, auch auf Berlins Straßen. Immer mehr Menschen sind allein unterwegs.

Von Stephan Wiehler

Die Ich-Gesellschaft fordert ihren Tribut, auch auf Berlins Straßen. Immer mehr Menschen sind allein unterwegs. Vereinsamung, Anonymität und soziale Kälte sind die Folgen des Individualverkehrs. Nur BVG-Kunden wissen, wie schön es ist, gemeinsam zu reisen. In den Bussen und Bahnen der Verkehrsbetriebe kommen sich Menschen noch nahe, und aus mancher zufälligen Begegnung zwischen den Stationen entstehen Freundschaften, die ein Leben lang halten.

Doch bei eigensinnigen Individualisten will diese Botschaft einfach nicht ankommen. Mit Staunen haben die Marketing-Strategen der BVG erfahren, dass allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 50 737 Autos neu zugelassen wurden, 1117 mehr als im ersten Halbjahr 2001. Doch anstatt angesichts dieser entmutigenden Zahlen den Kopf einfach in den Sand zu stecken (schlechtes Marketing), haben die BVG-Werber beschlossen, Autofahrer künftig mit einer aggressiven Sponsoring-Aktion in Busse und Bahnen zu zwingen (gutes Marketing). Beim Verkauf eines Neuwagens, so die Idee, sollen Autohändler ihren Kunden ein BVG-Jahresabo gratis dazugeben – eine Einladung zum Umsteigen, also, und die Aufforderung, das neue Auto am besten gleich in der Garage stehen zu lassen. Das schont den Lack und erhält den Wert des Wagens. Vermutlich stößt der Vorschlag schon deshalb auf wenig Begeisterung bei der Auto-Industrie, die die BVG-Tickets auch noch bezahlen soll. Automenschen denken eben nur an sich selbst.

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