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Berlin: Jeder fünfte Euro wird in Berlin schwarz verdient

Wirtschaftsbehörde beklagt fehlendes Unrechtsbewusstsein: Illegaler Nebenverdienst gilt als Kavaliersdelikt. Zoll verstärkt Überprüfung

Berlin nimmt in der Bundesrepublik weiter einen Spitzenplatz bei der Schwarzarbeit ein, auch wenn der Anteil der illegalen Beschäftigung in diesem Jahr erstmals leicht rückgängig ist. Das Finanzamt für Fahndungs- und Strafsachen in Berlin leitet jedes Jahr mindestens 1500 bis 2000 Verfahren allein wegen Steuerhinterziehung gegen Arbeitgeber ein, die für ihre illegal Beschäftigten weder Lohnsteuer noch Sozialabgaben bezahlt haben. Allerdings gibt es nach Auffassung der Senatsverwaltung für Wirtschaft in der Stadt kaum Unrechtsbewusstsein. „Schwarzarbeit gilt in weiten Kreisen als Kavaliersdelikt“, sagt Christoph Lang, der Sprecher von Wirtschaftssenator Harald Wolf. Deswegen müsse es zur Abschreckung hohe Bußgelder geben. Erst am Donnerstag klagte allerdings Wirtschaftsstaatssekretär Volkmar Strauch beim Wirtschaftsforum darüber, dass hohe Geldbußen gegen Arbeitgeber oft vor Gericht keinen Bestand haben.

Nach Auffassung des Linzer Wirtschaftswissenschaftlers Friedrich Schneider, der jetzt eine neue Studie zur Schattenwirtschaft in Berlin vorgestellt hat, wird jeder fünfte Euro in Berlin schwarz verdient. Der überwiegende Teil der Schwarzarbeit wird von Arbeitskräften neben ihrer regulären Tätigkeit erbracht. Lediglich in 15 Prozent der Fälle handle es sich um Arbeitslose, die gleichzeitig Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld erhalten. Ausschlaggebend für das Maß der Schwarzarbeit sei weniger die Tatsache, dass wegen hoher Arbeitslosigkeit viele Arbeitskräfte ohne reguläre Beschäftigung sind, sondern die kräftige Nachfrage durch die Arbeitgeber.

Am häufigsten geraten neben den Baufirmen, in denen seit Jahren schon die meisten Verstöße registriert werden, Gaststätten, Speditionen, Taxibetriebe, Discotheken und auch Kfz-Werkstätten ins Visier der Schwarzarbeitsfahnder. Die Bekämpfung der illegalen Beschäftigung liegt seit diesem Jahr in der Verantwortung des Zolls. Zuvor hatten die Arbeitsagenturen die Federführung. Dabei interessieren die „kleinen Fische“ die Kontrolleure nicht. Wer seine Putzfrau „schwarz“ beschäftigt, wird in der Regel nicht belangt. Ein Vorstoß der Bundesregierung, dies auch strafrechtlich zu ahnden, wurde Anfang des Jahres zurückgenommen. Bei der Bekämpfung der illegalen Beschäftigung konzentriert man sich auf die Firmen, die viele Schwarzarbeiter beschäftigen. „Sie werden meist mit Schwarzgeld bezahlt“, heißt es im Finanzamt für Strafsachen. Mit Geld also, das am Finanzamt vorbei eingenommen wurde und nicht in der Buchführung auftaucht. Durch das im Sommer verabschiedete Gesetz zur Bekämpfung von Schwarzarbeit wurde auch das Steuergeheimnis aufgeweicht. Bisher galt das Steuergeheimnis mehr als das Strafgesetz. Das hat sich geändert. Jetzt muss das Finanzamt Meldung machen: Wenn bei der Steuererklärung oder bei Betriebsprüfungen der Verdacht aufkommt, dass Schwarzarbeiter beschäftigt werden, müssen die Ermittlungsbehörden eingeschaltet werden.

Jeden Tag überprüfen Zoll und Landeskriminalamt in Berlin einen Betrieb und fast immer werden sie fündig: Ende Oktober wurden auf einen Schlag 50 Gaststätten und Reinigungen kontrolliert. Von knapp 170 überprüften Mitarbeitern waren rund 50 schwarz beschäftigt, 27 bezogen Arbeitslosengeld, 16 Sozialhilfe.

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