zum Hauptinhalt
Berufspendler? Die gibt es nicht nur in Brandenburg. In Berlin radeln immer mehr zur Arbeit.

© Doris Spiekermann-Klaas

Neue Messung in Berlin: Jeder Radler zählt

Immer mehr Menschen steigen aufs Fahrrad, schon klar. Aber wie viele sind es genau? Und wo radeln sie entlang? Der Senat zählt nun die Verkehrsströme elektronisch – und hat bereits ein paar überraschende Ergebnisse

Sie sind viele, sehr viele – aber wie viele genau? Berlin zählt seine Radfahrer jetzt elektronisch. Bislang gibt es nur Schätzungen, Hochrechnungen und im besten Fall manuelle Zählungen. Nun wurden testweise zwei so genannte Dauerzählstellen installiert, 2014 sollen in der Innenstadt zehn Geräte dauerhaft montiert werden. Dies sagte der Chef der Verkehrslenkung, Jörg Lange.

Vor einem Jahr waren am Schwedter Steg am Mauerpark und an der vor drei Jahre eröffneten Brücke über den Aalemannkanal im Norden Spandaus installiert worden. Obwohl die Montage von der Verkehrsverwaltung nicht öffentlich bekannt gegeben worden war, ist in Spandau das an einem Mast installierte Gerät bereits nach wenigen Tagen gestohlen worden. Dafür verblüffen die Daten der „Dauerzählstelle“ Schwedter Steg selbst Experten. Da die Strecke zum Fernradweg Berlin-Usedom gehört waren die Senatsplaner davon ausgegangen, dass hauptsächlich Touristen die vor 15 Jahren eröffnete Fußgängerbrücke über die Gleise am Nordkreuz nutzen.

Die Fahrradfahrer sind die Innenstadtpendler in Berlin

Tatsächlich sind es offenbar Berliner Pendler: an Werktagen mit 1500 bis 2000 pro Richtung deutlich mehr als am Wochenende (500). Die Verkehrsspitzen sind wie auf den Autostraßen am Morgen und am späten Nachmittag. Dabei ist die Verbindung für Radfahrer wegen des groben Kopfsteinpflasters im Mauerpark alles andere als optimal. „Aus Radfahrersicht müsste das asphaltiert werden“, sagt Jörg Lange. Bekanntlich hatte eine Koalition aus damaliger PDS und CDU eine Asphaltierung verhindert. Die Daten der ersten Zählstelle zeigen nach Angaben eines Senatsplaners eines ganz deutlich: Dass Radfahrer in der City mehr Platz brauchen.

2014 sollen zehn weitere Geräte belastbare Zahlen aus der ganzen Innenstadt liefern. Die Standorte stehen noch nicht fest, es sollen Stellen mithohen Radanteil sein, hieß es. „Richtig spannend“, so ein Planer, wäre eine Installation im Straßenzug Unter den Linden / Straße des 17. Juni. Dies dürfte aber an technischen Schwierigkeiten scheitern, da die Wege für Radler dort zu breit sind und Gefahr besteht, dass Autos mitgezählt werden. Bislang wurden Radfahrer nur tagsüber zwischen 7 und 19 Uhr per Hand gezählt – mit Strichlisten. Die Radfahrer-Zahlen waren immer nur ein Nebenprodukt, die Zählstellen sind wie die Kreuzung Joachimstaler / Lietzenburger Straße auf Autos ausgerichtet.

Auch in Steglitz schnellen die Zahlen hoch

Dennoch zeigen diese Zählstellen nach Angaben des Senatsplaners teilweise drastische Steigerungen. So hat sich die Zahl der Radler an der Blücher- / Zossener Straße von 2001 bis 2011 verdoppelt. Von 2011 bis 2012 gab es einen regelrechten Sprung um weitere 20 Prozent nach oben, sagte der Planer. Auch in der Steglitzer Schlossstraße ist der Radanteil nach dem Umbau der Straße in die Höhe geschnellt – Autofahrer haben dort bekanntlich eine Spur verloren. Auch in anderen Straßen dürfte der Platz für Autos enger werden, wenn erst valide Zahlen vorliegen, hieß es. Doch der Trend gilt nur in der Innenstadt. In den Außenbezirken wächst der Radanteil wesentlich schwächer oder stagniert sogar.

Nach Angaben der Verkehrsverwaltung lag der Rad-Anteil 2008 in Marzahn mit fünf Prozent berlinweit am niedrigsten, in Kreuzberg mit 25 Prozent am höchsten. Neuere Zahlen liegen nicht vor. Mittlerweile gehen Experten im gesamten S-Bahn-Ring von einem Anteil von 25 Prozent, berlinweit von 13 Prozent aus. In Kreuzberg macht der Autoverkehr nur noch 16 Prozent aus, auch in Prenzlauer Berg liegt das Fahrrad vorne. Viele Bundesländer und Großstädte sind beim elektronischen Zählen längst weiter. Wie der Chef der Verkehrslenkung sagte, habe man sich „bei den Brandenburger Kollegen schlau gemacht“. Dort waren vor drei Jahren 63 elektronische Zähler montiert worden.

Köln feiert nächste Woche das fünfjährige Bestehen des elektronisches Zählverfahrens. Nur so lassen sich „Entwicklungen beim Radverkehr dokumentieren“, heißt es bei der Stadtverwaltung. Dresden zählt seit 13 Jahren, die Daten sind im Internet abrufbar. Und in Rostock zeigt ein Display sogar die Zahl der Radfahrer am jeweiligen Tag und summiert fürs Jahr an. Diese Städte sind Berlin noch in einem weiteren Punkt voraus: Die im Boden verlegten Induktionsschleifen lassen sich nicht klauen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false