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Berlin: Jetzt ist sie renoviert, größer und lädt am Sonnabend zum Eröffnungsball

Es gibt Erfahrungen, die möchte man partout nicht wiederholen: Das mühevolle, rhythmische eins-zwei-drei, eins-zwei-drei gehört für viele dazu. Oder die schwitzigen Hände, die ungelenken Schritte, die immer wieder die hoch polierten Schuhe der Tanzpartnerin verkratzten, kommen erschwerend hinzu.

Es gibt Erfahrungen, die möchte man partout nicht wiederholen: Das mühevolle, rhythmische eins-zwei-drei, eins-zwei-drei gehört für viele dazu. Oder die schwitzigen Hände, die ungelenken Schritte, die immer wieder die hoch polierten Schuhe der Tanzpartnerin verkratzten, kommen erschwerend hinzu. "Tanzschulgeschädigte" nennt Thomas Dempfle diesen Personenkreis. Er ist einer der beiden Tanzlehrer im Bebop, einer Tanzschule, in der das Taktzählen tabu ist. Denn all diejenigen, die trotz der grauenvollen Erinnerungen, auch wenn diese Jahrzehnte zurückliegen, geradezu übermütig einen zweiten Versuch wagen, finden sich zumeist im "Bebop - die andere Tanzschule" wieder. Seit nunmehr zwölf Jahren existiert die Kreuzberger Alternativ-Tanzschule, die im Gegensatz zu den meisten Berliner Tanzschulen an keinen Tanzlehrerverband angeschlossen ist.

Über den Jahreswechsel wurde in den Räumen am Mehringdamm 33 ziemlich viel Staub aufgewirbelt. Dieses Mal nicht mit flotten Schritten und Schwüngen, sondern mit Schwingschleifer und Bohrmaschine. Das Resultat kann am Sonnabend beim großen Eröffnungsball begutachtet werden. Die doppelte Fläche steht tanzwütigen Paaren nun auf zwei Etagen zur Verfügung. Inbegriffen ist eine mit Blattgold verzierte Bar und ein lichtdurchfluteter Parkettsaal, von dem aus man die Dächer Berlins inspizieren oder in der angrenzenden Wintergarten-Lounge ein Cocktail schlürfen kann.

Beim Tanzen ist es im Bebop egal, ob Mann mit Mann, Frau mit Frau oder ganz traditionell Mann und Frau zusammen die Hüften kreisen lassen. Erlaubt ist, was gefällt. "Wer zu uns kommt, muss vergessen, was er in der Tanzschule gelernt hat", sagt Dempfle, der selbst die Erfahrung eines "Schultanzkurses" hinter sich hat und seither den Tanz als Bewegung des Körpers zur Musik begreift. Für ihn stehen nicht einstudierte Schrittfolgen im Vordergrund, sondern eine rhythmische Bewegung, die von innen heraus kommt. Und dazu wäre nun wirklich jeder in der Lage - das meint zumindest der 36-Jährige; denn Bewegung sei die intuitive Sprache des Körpers.

Dempfle ist ausgebildeter Schauspieler und auch deshalb nicht der klassische Tanzlehrer. "Beim Tanzen hat mich die Kontaktaufnahme und das Umsetzen von Situationen zur Musik schon immer interessiert", meint er und findet, dass Schauspielerei und Tanz nicht weit auseinander lägen. Auf jeden Fall sei Tanz losgelöst von gesellschaftlichen Umgangsformen. Adolph Freiherr von Knigge ist deshalb keine Pflichtlektüre und auch Kleiderordnung ist im Bebop ein Fremdwort. "Zu unseren Abschlußbällen kommen die Leute in zerrissener Jeans genauso wie in glitzernder Abendrobe." Thomas Dempfle sieht darin die Vorteile, weder zu dem Tanzlehrerverbund noch zu dem Tanzverbund zu gehören. Vor allem aber kann er im Bebop die Musik spielen, die ihm gefällt und bereits in den Anfängerkursen argentinischen Tango und Salsa unterrichten.

Sein Kompagnon Christoph Neumann, der Bebop-Gründer, hingegen ist klassischer Tanzlehrer und hatte lange Zeit auch an Turniertänzen teilgenommen, bis er anfing, die Atmosphäre dort als Affektiertheit zu empfinden. "Uns geht es nicht darum, bestimmte Bilder zu erfüllen oder zu imitieren", erklärt Dempfle. "Im Gegenteil: Wir werfen sie über Bord." Im Klartext heißt das, dass beim Wiener Walzer weder der kleine Finger abgespreizt werden muss, um der längst begrabenen Wiener Hofgesellschaft gerecht zu werden, noch sollte beim Rumba der Latin Lover imitiert werden. Beides könne, wenn überhaupt, nur lächerlich wirken.

Um sich bei der nächsten Hochzeit nicht der Lächerlichkeit Preis zu geben, bietet das Bebop ein Hochzeitspaket an, das schlicht "Wie mache ich Tante Erna glücklich?" heißt. Für alle, die jedoch noch nicht wissen, ob sie sich nach den blamablen Tanzschulerfahrungen aus Jugendzeiten wieder aufs Parkett wagen wollen, gibt es vom 15. Januar an immer sonnabends das "Saturday Night Fever" mit Musik aus den siebziger und achtziger Jahren. Im Lichtsaal können dann Disco-Begeisterte ihrer Leidenschaft frönen, während der Goldenen Saal dem Standardtanz vorbehalten bleibt. Zwischen beiden Etagen kann jedoch hin- und her gewechselt werden, so dass sich auch "Nicht Paartänzer" wieder in die Tanzschule trauen können.

Julia Rehder

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