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Froh und stolz. Um gegenseitigen Respekt geht es beim 2000 Jahre alten jüdischen Fest Lag BaOmer. Die Festparade startete am Adenauerplatz.

© Kai-Uwe Heinrich

Jewish Parade: Fast wie Karneval

Hunderte Menschen zogen bei der ersten „Jewish Parade für Frieden und Toleranz“ durch Charlottenburg. Anlass war das jüdische Einheitsfest Lag BaOmer.

Na so was. An der Spitze des am Adenauerplatz startenden Zuges paradiert eine trommelnde Pipeband mit quäkenden Dudelsäcken. Etwa jüdische Schotten, extra angereist zur ersten „Jewish Parade für Frieden und Toleranz“ in Berlin? Nein, die schneidig in Rot-Schwarz gewandeten „Black Kilts“ kommen aus Spandau und sind weder Juden noch Schotten.

Rabbiner Yehuda Teichtal, dessen Organisation Chabad Lubawitsch die von 25 Gruppierungen getragene Parade federführend organisiert hat, hat die Spandauer Schotten einfach gemietet. Vom 2000 Jahre alten, jüdischen Einheitsfest Lag BaOmer – dem Anlass der Parade – hatten sie noch nie was gehört.

Kein Wunder, die eher an einen Karnevalszug als an eine Fronleichnamsprozession erinnernde religiöse Parade hat in Berlin am Sonntag zum ersten Mal überhaupt stattgefunden. In New York kämen dazu jedes Jahr Zehntausende Menschen, sagt Rabbi Teichtal. In Berlin sammelten sich gestern auf dem Adenauerplatz zu schepperndem hebräischem Pop erst um die 400 Leute, später zogen dann laut Veranstalter rund 1500 Leute zum Straßenfest in der Münsterschen Straße. Mit ein paar Festwagen, bunten Luftballons, einer Truppe Clowns, einem Lama und Plakaten mit Bildern von Gebetsbändern samt der Aufschrift „Seien sie verbunden“ oder „Lernt Tora – das ist das Wahre“.

Yehuda Teichtal ruft per Mikro zu Respekt, Frieden und Toleranz auf und sagt: „Wir wollen ein Zeichen setzen. Offen und stolz auf unsere Kultur und Tradition“. Am Sonnabend seien hier noch Neonazis marschiert, sagt er hinterher, doch nun heute einige der 25 000 Menschen jüdischen Glaubens in Berlin. „Unser Leben hier hat sich so positiv entwickelt, dass wir wieder paradieren.“

Mit Kind und Kegel, Orthodoxe und Liberale, alteingesessene Charlottenburger und auch aus Osteuropa zugewanderte Juden. Renat Fischbach, 28, stammt zum Beispiel aus Cernowitz, lebt seit 1990 hier und macht samt einer Freundin mit. Die Parade steht für ihn für „mehr Spaß an der Religion“. Es sei wichtig für Juden, sich zu öffnen, mehr nach außen zu gehen. Letzteres findet ein Zehlendorfer Ehepaar, das sich die Parade mal anschauen will, völlig okay. „In Berlin laufen schließlich alle möglichen Leute auf der Straße rum.“

Und dafür müsse man nicht mal besonders religiös sein, sagt ein paradierender Student namens Rafael aus Berlin: „Ich fühle mich geborgen hier.“ Klar gäbe es mal Ressentiments, „aber ich habe auch palästinensische Freunde“. Ob heute für ihn ein Festtag ist? „Nur weil meine Schwester Geburtstag hat.“ gba

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