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Valerians Vater, Arsène Verny, eröffnete die Gedenkveranstaltung für seinen tödlich verunglückten Sohn.

© Doris Spiekerman-Klaas

Lesung von der Valerian Verny Stiftung: Kickerfiguren erklären die Weltgeschichte

Im März 2014 verstarb der damals 19-jährige Valerian Vérny beim S-Bahnsurfen in Berlin. Eine Stiftung erinnert an den jungen Schriftsteller - mit Lesungen von seinen Texten und weiterer Autoren.

„Mit zwanzig fing für Ole der Tag mit Masturbieren und einer Zigarette an. Mit dreißig kam noch ein Kaffee dazu, drei Jahre später ein Schnaps. Mit fünfunddreißig lebte er mit Marta zusammen und stand morgens einfach nur auf.“ So beschreibt der tschechische Autor Jaroslav Rudiš den ostdeutschen Protagonisten seines Romans „Vom Ende des Punk in Helsinki“. Früher war Ole Punk, jetzt führt er eine Bar namens „Helsinki“. Parallel zu Oles Geschichte schreibt Nancy, eine junge Tschechin, auf unverblümte Art Tagebuch in den Jahren 1986/1987. Sie gehört ebenfalls der Punkszene an, Ole und sie lernen sich 1987 auf einem Tote-Hosen-Konzert in Pilsen, Tschechien, kennen und planen spontan die Flucht nach Westdeutschland. Während Rudiš aus seinem Roman liest, erzählt er auch viele eigene Anekdoten, zum Beispiel, dass auch er auf dem besagten Hosen Konzert in Pilsen war. Das sei total eskaliert, es kam zu Prügeleien zwischen Polizisten und Punks und auch die Toten Hosen seien eher uncharmant zum Gehen aufgefordert worden. Der Staat habe die Mitschnitte des Konzerts dann für ein „Anti-Punk“ Propagandavideo verwendet. Das Buch liefert gute Einblicke in das Leben im Ostblock. Die vorgelesenen Stellen waren sehr unterhaltsam, enthielten aber auch tiefere, philosophische Gedanken. Wer kommt schon auf die Idee, 22 Kickerfiguren zu basteln, die historische oder fiktive Figuren darstellen, wie Mutter Theresa, Madonna, Dracula oder Stalin, um diese dann gegen - oder miteinander spielen zu lassen? So probiert Oles Freund Frank die Weltgeschichte zu erklären, und wie alles miteinander zusammenhängt.

Literatur für Jugendliche

Die Lesung wurde von der Valerian-Arsène-Verny-Literaturstiftung für Kinder und Jugendliche organisiert. Valerian Verny starb im März 2014 beim S-Bahn-Surfen in Berlin. Er wurde 19 Jahre alt. Seine Eltern gründeten ihm zu Ehren die Stiftung, da Valerian Literaturwissenschaften und Philosophie studierte und Schriftsteller werden wollte. Er engagierte sich bereits bei der LIN (Literaturinitiative), bei der er Gruppen leitete und mit Kindern Workshops zu Büchern, Schreiben und Literatur veranstaltete. Die Stiftung hilft Jugendlichen dabei, sich mit Literatur auseinanderzusetzen, auch wenn der Anlass schrecklich ist. Es findet ein kultureller Austausch statt, vor allem mit Tschechien, aber in den kommenden Monaten auch mit mehreren anderen Ländern, zum Beispiel mit Schweden.

Der Eintritt zu den Lesungen ist frei. Die nächste Veranstaltung ist am Sonntag, 25. Januar, 18:30 Uhr im Café Médoc in Kleinmachnow, es werden Texte von Valerian gelesen. Die nächste Lesung eines anderen Autors findet am Freitag, 20. Februar, 20 Uhr im St.-Michaels-Heim in Grunewald statt. Kai Lüftner stellt sein Buch „Kaff der guten Hoffnung – da geht noch was!“ vor. Dieses Buch hatte Valerian in seiner Tasche, als er starb.
Weitere Veranstaltungen auf www.valerian-stiftung.com
„Vom Ende des Punks in Helsinki“ von Jaroslav Rudiš, 14,99€ im Luchterhand Literaturverlag

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Meltem Ohle

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