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Berlin: Jung, gut ausgebildet – Wohnort Berlin

Viele unter 30-Jährige ziehen aus Hamburg und Köln zu. Davon profitiert die Stadt, die Einwohner verliert

Anders als in den Vorjahren hat das Statistische Landesamt einen leichten Bevölkerungsrückgang ermittelt. Im Dezember 2003 hatte Berlin 4000 Einwohner weniger als ein Jahr davor. Harald Simons sagt: Stimmt zwar, aber Berlin gewinnt seit Jahren – gegenüber der Konkurrenz. „Weil sich eine langjährige Entwicklung umkehrt. Anders als noch Ende der Neunziger ziehen inzwischen mehr gut Ausgebildete aus Hamburg und Köln nach Berlin als umgekehrt.“

Simons steht dem Berliner Wirtschaftsforschungs-Institut Empirica vor, das Abwanderungsstatistiken deutscher Großstädte qualitativ ausgewertet hat. Es ist ein kleiner Ausschnitt, der besonders auffällt: Den Empirica-Daten zu Folge sind in den Jahren 2001 und 2002 etwa 800 Hamburger mehr nach Berlin gezogen als Berliner nach Hamburg. Aus Köln hat Berlin 400 bis 500 Einwohner im gleichen Zeitraum dazugewonnen. „Berufliche Gründe“ nennt Simons als Ursache.

2002 machten die Mehr-Zuzügler aus Hamburg und Köln zusammen gut ein Drittel des Berliner Bevölkerungs-Zuwachses aus. Die absoluten Zahlen dagegen sind nicht spektakulär. „Aber sie festigen eine Trendumkehr. Es ist nicht lange her, dass das Verhältnis umgekehrt war“, sagt Simons. 1995 begann der Exodus aus Berlin. Gut 35000 Einwohner verlore die Stadt bis 1997, danach ging es langsam wieder bergauf. Nach 2000 hatte Berlin dann wieder so viele Einwohner wie vor 1994 (siehe Grafik).

Diejenigen, die jetzt noch nach Berlin ziehen, sind laut Empirica jung und gut ausgebildet. Sie kommen vornehmlich aus den anderen Medienstädten Hamburg und Köln. Es sind Werbe- und Medienschaffende, Rechtsanwälte, Lobbyisten und Unternehmensberater. Alter: 25 bis 30 Jahre. Simons leitet aus diesem Aspekt der Bevölkerungsentwicklung ein bisschen Hoffnung ab für Berlins wirtschaftliche Lage: „Die Struktur der Erwerbstätigkeit verschiebt sich in Richtung hochwertiger Dienstleistungen. Die Stadt hat für die Musik- und Kommunikationsbranche an Bedeutung geworden.“ Katja Kühnel, Branchenkoordinatorin der Industrie- und Handelskammer für den Bereich Medien und IT, ist etwas vorsichtiger: „Auch wir stellen fest, dass seit zwei, drei Jahren Kreative verstärkt aus Köln und Hamburg zuziehen. Aber es ist nicht so, dass deshalb der Markt wächst.“ In den vergangenen zwei Jahren habe es aber eine leichte Entspannung gegeben.

Ob allein die „Netto-Zuzügler“ Berlin helfen? In Wirtschafts-Studien belegte die Stadt zuletzt hintere Ränge. „Trotzdem ist die Entwicklung wichtig: Wo gutes Personal ist, dahin kommen Unternehmen“, sagt Simons. Die Wirtschaftregion Berlin hat nach zehnjährigem Abstieg das Ruhrgebiet als schwächste Region inzwischen hinter sich gelassen. „Immerhin hat dieser Trend schon die Rezession überdauert“, sagt Simons.

Marc Neller

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